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skulptur wird Niemand emxfehlen; aber der Grund-
gedanke ist richtig. kVeim er sich einbürgert, wird
er Ausgangsxmnkt einer nenen Lntwickelnng sein.
Das beweist unsere Neignng sür porträtbüsten nnd
Medaillons, dis aber nicht ausreichen können. Lin
klassisches Beisxnel, wie der neue U)eg zu betreten
ist, hat Btto Rönig in wien geliefert, der seine
Gattin nnd drei Ainder, die plötzlich gestorben sind,
im Aostüme nnserer Zeit in einer tiefergreisenden
Gruppe dargestellt hat. Mustergiltig ist das Grab-
denknial des Feldpredigers Füster (von Zoseph Lax),
das ihn aus der Aanzel darstellt. Das ist der N)eg,
den die Grabsknlxtnr wird einschlagen müssen: so
wird auch die Teilnahme für den Vcrlnst am innigsten
geweckt. Äe soll mit bescheidenen Mitteln eine große
Mirknng erreichen und durchans modern bleiben.
„Das volle Bild des Menschen darznstellen, die
chnmme seines Daseins zn ziehen, ist srnchtbarer als

das Festhalten abgelebter Allegorien." Moderne
Tmpfindnng gestatten auch die Grabmäler mit Ab-
schiedsszenen. Meisterhaft ist z. B. das Grabmal
Liebig-Nadetzky, von Tilgner (die Fran nimmt, ehe
sie in die dnnkle jDsorte schreitet, rückgewandt Ab-
schied voni Leben), ein Grabmal von Znmbnsch (aus
dem südlichen Airchhos in München, die Mntter dar-
stellend, die von den Aindern Abschied nimmt). Der
Abschied ist so rührend, weil in unsere Tmpfindnng
gernfen wird, was der ^terbends verlassen, nnd er
wirft doch einen frenndlichen Strahl auf das Leben
und die „süße Gewohnheit des Daseins" znrück.
Auf diesem N)ege wird die neue Zeit, die in so
vielem sich mit der Antike eins fühlt, wie diese an
der Stätte des Todes wieder die Frende am Leben
verklären nnd den Tranernden zurückleiten in die
sonnige, fröhliche Wclt.

So kann gerade der Nealismns ideal wirken.

Äber MbeltLere und deren An>vendung Lm Ikunstgevverbe

sprach Direktor Or. Brinckmann in kxamburg. Der
Redner leitete seinen Vortrag mit der Definition dieser
mythischen Wesen ein und führte Folgendes an: Nicht
alle derartigen Gestalten gehören in das Reich der
Fabel, denn wir finden in den römischen Zeiten im
Nunstgewerbe wunderbare Tierformen, die aus den
Überlieferungen der heimgekehrten Söldlinge entworfen
waren. Bei den Schilderungen hatte die j)hantasie
im reichsten Maße mitgeholfen, so daß in Wirklichkeit
Fabeltiere entstanden. Sobald sxätere Forscher die
wirklichen Formen feststellten, wurden sie abgeändert
und verschwanden sehr bald aus dem Gebrauch.
Die wirklichen Fabeltiere sind Trzeugnisse des Volks-
glanbens; sie leben teilweise nur in der Dichtung,
teilweise aber auch in der Nnnst.

Das älteste Fabeltier ist die egyptische Sphinx und
xedenfalls ist sie ebenso alt wie die pyramiden. Die
mächtige Sphinx von Memphis, eine Nolossal-Statne,
drückt durch ihren Löwenleib und ihr Nönigsgesicht
die höchste geistige und körperliche Kraft aus. Lin
merkwürdiges kulturhistorisches Bild giebt uns die
Fabel von dem Gott Lsorus, eine Menschengestalt mit
vogelkopf, die mit einem Drachen kämpft. Diese
Vorstellnng, die der symbolische Ausdrnck des Kampfes
des Guten mit dem Bäsen ist, zieht sich dnrch die
Länder und Völker aller Zeiten hin. Namentlich
verbreitet ist die Fabel von der Königstochter, die,
dem Drachen geweiht, von einem Nitter befreit wird.
Ländlich sittlich schneidet man sich natürlich seinen
Lselden zu. Mährend wir uns den Nitter ^t. Georg
als einen Lselden denken, der mit nngestümem Mut
der Gesahr entgegen geht, kann sein chinesischer
Doppelgänger nicht nmhin, anch die orientalische
Schlauheit mit der Tapferkeit zu verflechten. So viel
Köpfe der Drache hat, so viel Lsumpen N)ein setzt
der Nitter dem Drachen zurecht, dieser ist ungalant
genug, die Rönigstochter zunächst nicht zu beachten
und vorerst den wein auszutrinken, wobei er sich be-
rauscht und von dem Ritter mit Leichtigkeit erschlagen
wird.

Unter den vierfüßlern sind die Fabeltiere sehr
selten und wir begegnen am meisten dem vielbesungenen

Linhorn. Woher es gekommen? Das ist niemals
ergründet worden. Die Kentauren und Sirenen liebt
das Mittelalter besonders als Tharakterbilder mensch-
licher Leidenschaften hinzustellen, während man sie
später ohne diesen bösen Beigeschmack als Sinnbilder
gebrauchte.

hsäufig ist das Fabeltier aus der Vogelwelt ent-
nommen. Der Adler wird in seiner einfachen Aus-
führung und auch doxpelköpfig als Sinnbild der
Macht und Stärke vielfach verwendet. Zlllbekannt
ist auch der pelikan mit der Fabel, daß er aus Reue
über das verschuldete Verhungern seiner Zungen sich
die Brust aufreiße und die Kinder durch sein i^erz-
blut wieder ins Leben zurückrufe. Das Lsauxtsinubild
der Auferstehung ist wohl der phönix, und zwar wie
es scheint gleichzeitig bei den Völkern des Morgen-
und Abendlandes.

Fabeltiere, welche Reptilienformen besitzen, sind
jedenfalls am meisten verbreitet, und unter denselben
ist der Drache, wie schon erwähnt, bei allen völkern
heimisch, stets und überall als Ausdruck für feindliche
Mächte gebraucht. Die hauptsächlichsten Drachenformen
sind eine Verschmelzung von Schlangen- und Krokodil-
gestalten. ü)ir haben erwähnt, daß die Ägypter ihren
Drachen von ksorus, dem Geist der aufgehenden
chonne bekämpfen lassen. Zn der griechischen Mytho-
logie sendet die Göttin der finstern Leidenschaften,
Hera, ihrem Gemahl Zeus, dem Sonnengott, einen
python (Drachen) entgegen, den dieser erschlägt.
Also überall soll der Drache den Sieg des strahlenden
Firmaments über die Finsternis versinnbildlichen.

Zn unserer Zeit sind den Künstlern neue unge-
ahnte Formen der wunderbarsten Art, wie sie selbst
die kühnste phantasie sich nicht ausmalen könnte, durch
die Tiefseeforschungen erschlossen. Der Maler, der
Bildhauer hätten nicht nötig, ihre Gedanken anzu-
strengeu, sie brauchten nur zu kopiren. Leider fehlt
aber diesen Gebilden der Gcist, welchen das Alter-
tum seinen Fabeltieren beilegte, und der Sagenkranz,
womit sie umwoben wurden. Deshalb werden diese
neuen Formen im Runstgewerbe niemals verwendung
finden.

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