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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Leisching, Julius: Das Grabmal, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0087
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DAS GRABMAL.

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schlicht beredte Dolmetsch der Trauer. Alle diese Formen
kommen nebeneinander vor. Sie geben der alten Gräber-
straße einen, man möchte fast sagen, lebensvollen ja
heiteren Charakter. Die Antike
liebte bekanntlich nicht zu dras-
tisch an den Tod erinnert zu wer-
den, sie kokettirte nicht mit ihm.
Für Gerippe und Totentänze fehlte
ihr der Sinn. Die Kunst sollte
ihr nicht Schmerzen aufwühlen und
im Unerfreulichen paradiren,
ward ihr vielmehr zur Pflicht ge-
macht, das Unvermeidliche zu mil-
dern, zu verklären, zu verdecken.
Baumeister, Maler und Bildhauer
hatten zu wetteifern, um auch das
stille Haus des Todes zu einer
Augenweide, einem wahren Kunst-
werke zu adeln.

Von all den genannten For-
men ist nun die Stele die am häufig-
sten auftretende. Der Sarkophag
dagegen scheint wenigstens der
griechischen Blütezeit fremd ge-
wesen zu sein. Sie wollte eben
so einfach wie die Wohnung des
Lebenden auch die des Abgeschie-
denen haben. Pfeiler und Säule
aber sind nur künstlerische Ge-
staltungen der einfachen Steinset-
zungen, die auch den Kelten als
Grabmal galten, und der einfachen
Bretter, die man auf dem Grabe
im Norden Deutschlands so gut
wie bei den Indianern Nordameri-
kas aufzurichten pflegte.

Die pfeilerartige Stele oder
Steinplatte mit Palmetten- oder
Giobelbekrönung gewährt bei aller
Schlichtheit dem Plastiker doch

Baum zur Darstellung des Ver-
ewigten. Wir sehen ihn da in

flachem Belief, allein oder mit

seinem Ehegemahl, häufig wohl

auch nur eine Inschrift. Aber

schon auf den mykenäischen Stelen

tritt neben die einfache Spiral-

ornamentirung die Darstellung

einer Jagdsceue. Es wird, wie

dies späterhin an den Sarkophagen

noch deutlicher erkennbar, schon in

der ältesten griechischen Grab-
plastik versucht, Leben und Treiben

des Verstorbenen durch charakte-

risirende Bilder zu kennzeichnen.

Kunstgewerbeblatt. N. F. VIII. H. 5.

Wir sollen ihn in den bedeutsamsten Augenblicken
seines Lebens kennen lernen in einer Art Genrebild, das
zugleich doch historisch ist. Hier sehen wir ihn als



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Hauptportal für die Georgenkirche, ausgeführt in der Kunstschlosserei von Ferd. Paul Krüger,
entworfen von Geh. Reg.-Rat und Professor J. Otzen, Berlin.

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