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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

DOI Artikel:
Deutsche Glasmalerei-Ausstellung in Karlsruhe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0018

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DEUTSCHE GLASMALEREI-AUSSTELLUNG IN KARLSRUHE

PROF. A. L1NNEMANN, FRANKFURT A. M.

Darstellungen, die an bemalte antike Reliefs erinnern.
Sie sind auf gewöhnliches blankes Glas in den drei
Grundfarben und hellem Braun gemalt und zeigen
uns, dass der Wiederentdecker der Technik an die
Kabinettsmalerei der letzten Verfallsperiode anknüpfte.
Einen Fortschritt zeigt eine im Jahre 1824 von Frank
und seinem Schüler Tipp nach einem Ölbild von
Goltzins gemalte Beschneidung Christi, bei welcher
die Gewänder der Hauptpersonen im Vordergrunde
aus blauem, rotem und violettem Überfangglas her-
gestellt sind, wobei an einzelnen Stellen der Uberfang
weggeätzt und Silbergelb aufgelegt wurde. Allerdings
stören dabei die grellen Töne dieser farbigen Gläser,
sowie die grosse Durchsichtigkeit der weissen Glas-
partien. Man bemerkt auch schon die sogenannten
Mattfarben, welche in der Folgezeit durch die König-
liche Staatsanstalt weiter ausgebildet und beim Kopieren
von Ölgemälden ausgedehnte Anwendung fanden.
Die weiteren ausgestellten Bilder, ganz in diesen
Mattfarben auf blankes Glas gemalt, geben Aufschluss
über die Bestrebungen der Münchener Glasmalerei
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, so die Ma-
donna dei Tempi, nach Raffael gemalt 1845 von
Voertel, der Zinsgroschen, nach Tizian gemalt von
Burckhardt 1850, die Tirolerin, gemalt von Kjihn
1864 u. s. w. Auch bei den kirchlichen Darstellungen
machte sich diese Manier in störender Weise geltend,
und es entstanden jene zartgetönten und süsslichen
Glasgemälde, welche die natürlichen Eigenschaften
des Glases zurückdrängten und hinsichtlich der Wir-
kung sich in keiner Weise mit den alten Meister-
werken messen konnten. Nach der vor dreissig
Jahren erfolgten Übernahme der Anstalt durch den
gegenwärtigen Besitzer trat eine entschiedene Wendung
zum Besseren ein, Stil und Technik der mittelalter-
lichen Meister wurden wieder mehr zum Vorbild ge-
nommen, doch machte sich die alte Malweise teilweise
auch noch in der folgenden Zeit geltend, so bei
einem nach dem Entwürfe von Barth 1875 gemalten
Medaillon, Glaube, Hoffnung und Liebe darstellend,
und selbst bei dem grossen von Franz Zettler ent-
worfenen und ausgeführten Rundfenster vom Jahre
1896. Es zeigt in der Mitte die Patronin des Bayer-
landes, ringsum die ausdrucksvollen Köpfe der Pa-
trone der acht bayrischen Kreise, die aber wegen des
allzuvielen Beiwerks nicht recht zur Geltung kommen
können. Ein neueres spätgotisches Kirchenfenster
zeigt ruhigere Flächenwirkung. Das Wiederaufleben
der Glasmalerei in Bayerns Haupstadt verherrlicht ein
Glasgemälde der Zettler'schen Anstalt in Form eines
Denkmals von architektonischem Aufbau mit der be-
kränzten Büste Ludwig's I. in einer Nische in der
Mitte und den Reliefs der hervorragendsten, auf dem
Gebiete der Glasmalerei thätigen Künstler seiner Zeit
zu beiden Seiten.

Das Königliche Institut für Glasmalerei in Char-
lottenburg, 1843 von dem kunstsinnigen König
Friedrich Wilhelm gegründet, ist mit zahlreichen
Kabinettsmalereien nach Kupferstichen, Ölbildnissen,
japanisierenden Landschaftsbildern u. s. w., ferner mit
Teppichmustern, mehreren Profanfenstern (Alt-Berlin,
 
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