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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

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Kleinpaul, J.: Das Kunstgewerbe auf der internationalen Kunstausstellung Dresden 1901, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0035

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DAS KUNSTGEWERBE AUF DER INTERNATIONALEN KUNSTAUSSTELLUNG DRESDEN 27

nur laufer deutsche Zimmer sehen und auch von solchen
nur fünf an der Zahl. Unter diesen scheidet sogar Pro-
fessor Oussmann's Lesesaal aus diesem Zusammenhange
noch aus. Hier wäre eine erheblich mannigfaltigere
Beschickung zu erstreben gewesen. Auch das starke
Interesse unserer Zeit an diesem neuen Kunstzweig
hätte dies erfordert. Besonders ist aber hier das
Ausbleiben des Auslandes von unserer »Internationalen«
zu beklagen. Diese deutschen Zimmer hätten einen
Vergleich mit fremdländischen gewiss nicht zu scheuen
brauchen, aber lehrreich würde er gewesen sein, für
Aussteller und Besucher zugleich.

Die bedeutendste Leistung ist hier ganz gewiss
das Wohn- und Speisezimmer des jungen Dresdener
Architekten E. Schaudt, das die »Dresdener Werk-
stätten für Handwerkskunst« (Dresden-Striessen) durch
ein Preisausschreiben veranlasst und ausgeführt haben.
Entwurf und Ausführung verdienen durchaus den
ersten Preis. Sie haben ihn auch erhalten, — die
einzige grosse goldene Plakette in der kunstgewerb-
lichen Abteilung, neben Tiffany und Galle. Der
Hauptcharakter dieses Zimmers ist der, es ist urdeutsch.
Es ist aber auch das Resultat jahrelanger intensiver
geistiger wie technischer Arbeit nach einer bestimmten
Richtung hin. Die »Dresdener Werkstätten« erstreben
ausgesprochen eine Möbelkunst, welche gediegenes
Material in schöner und bequemer Anwendung bringt.
Es erfüllen sich somit drei Zwecke auf einmal. Bis-
her war man diesem Ziele gewiss schon mehrere
Male nahe, — in diesem Zimmer von Schaudt
ist es erreicht. Dieses Zimmer werden die Be-
sitzer, je länger sie es bewohnen, immer lieber
gewinnen. Es wird ihnen ein immer vertrauteres
Kunstwerk, wie dem Geiger seine Violine. Als Ma-

terial kam wieder einmal das Holz der Esche zu
Ehren. Es gleicht dem der Eiche in der Maserung
und Härte, übertrifft sie aber an Wärme des rötlich-
braunen Tons. Hier steht es ganz besonders gut zu
der blaugrünen, kleinmustrigen Tapete, dem blauen
Bodenbelag und der blauen Decke. Letztere ist ein
ganz besonders origineller Versuch, gewiss in diesem
Falle gut geglückt, aber zur Wiederholung nicht zu
empfehlen. Denn nicht jedermann ist in der Lage,
die Decke durch ein besonders wandbreites Fenster
in der Voute oder durch einen eigenen elektrischen
Glühkörper zu beleuchten. Das Zimmer erscheint
dadurch gewiss etwas kleiner, als es ist, dass es im
selben Verhältnis auch wohnlicher erscheint, mag zu-
gegeben werden. In der Architektur gereichen dem
Zimmer zwei Nischen sehr zum Vorteil. Die eine
nimmt ein Sopha ein, hellrot bespannt, mit bequemen
Kopfpolstern zu einem Nachmittagsschläfchen, die
andere einen Fenstertritt mit einem Arbeitstischchen,
einem Armstuhl und einer reich geschnitzten zweisitzigen
Bank. Das Fenster selbst entbehrt aller Stoffverhänge,
ist aber mit Opalescentglasarbeiten von Josef Ooller-
Dresden geschmückt. Schönes Schnitzwerk weist auch
ein Wäsche- oder Kleiderspind auf, mit seinen Auf-
sätzen, innen mit rot-Mahagoni ausgelegt. Das be-
sondere Entzücken der Damen erregte aber das Büffet.
Es ist mehr breit, als tief gebaut, schmiegt sich der
Wand trefflich an, hat eine weite Anrichteplatte und
ist nicht höher, als dass eine Frau normaler Grösse
bequem — ohne Tritt — jeden Winkel desselben er-
reichen kann. Dabei ist der Raum dieses Möbels
enorm, man kann unendlich viel darin unterbringen,
besonders schöne Stücke auch oben auf dem Bord
oder in dem als Vitrine ausgestalteten obersten

NÄHTISCH UND POLSTERSTUHL IN AMERIK. KIEFER NACHTSCHRÄNKCHEN IN ERLE

ENTW. PROF. K. GROSS, DRESDEN. AUSF. DRESDENER WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKSKUNST
 
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