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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

DOI Artikel:
Abels, Ludwig W.: Vom Wiener Kunstgewerbe 1901-1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0215

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VOM WIENER KUNSTGEWERBE

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der modernen Schule zu befreien gesucht, seine
Wohnräume sind immer einfacher und wohnlicher
geworden, und neben der absichtlichen Benutzung
guter englischer und amerikanischer Vorbilder hat
er das Studium der Wiener Biedermeier-Vorbilder
gepflegt.

Dieses letztere Element, das sich ausser bei Hoff-
mann noch in besonderem Masse bei den Einrichtungen
und Möbeln des viel zu wenig bekannten Wiener Archi-
tekten Adolf Loos findet, dürfte auch dem Erfolg der
Hoffmannschule im Auslande den Ausschlag geben.
Unter allen Grossstädten haben Hamburg und Wien

periode des modernen Möbels. Das Bürgertum richtete
sich ein, und in der ersten Energie der Lebensäusserung
erfand es für alle neuen Bedürfnisse die neuen Möbel-
typen. Noch war das Handwerk im Besitz solider Tra-
dition und noch kümmerte sich der Besteller persönlich
um die Ausführung. In einem Hamburger Hause fand
ich im Esszimmer wunderschöne einfache und ganz
ideal bequeme Stühle, in denen man bei Tisch fest
von der Lehne gefasst sitzen konnte und die beim
Servieren gleichsam nicht vorhanden waren, so wenig
hinderten sie. Man zeigte mir nachher auf dem
Boden ein halbes Dutzend Modelle, die der Gross-

fcv.

«W BRONZEN DER WIENER K. K. KUNST-ERZQIESSEREI

PAPIERMESSER, ENT-
WORFEN VON LUCAS,
ZAGO UND FINK
STREICHHOLZ-
HALTER, ENT-

WORFEN VON

OTTO V. SILBER

ASCHENSCHALE,

ENTWORFEN VON

J. ÖFNER, WIEN

am meisten Vergangenheit auf dem Gebiet eleganter
und behaglicher Wohnungseinrichtung. Der Ham-
burger Bürger hat mit dem Wiener in Bezug auf
Lebensäusserung manche Verwandtschaft. Das kam
erst kürzlich bei den Publikationen Lichtwark's —
die in Wien begeisterte Aufnahme fanden — deutlich
zu Tage. Wenn es z. B. in dem Werk »Palastfenster
und Flügelthür« heisst: »Das Empire ist ein Übergangs-
stil in Tracht und Hausrat. Wohl standen Architektur
und Möbel unter dem Bann der Antike; aber bei weitem
nicht in dem Masse, wie das Vorurteil uns einreden
möchte. In Wirklichkeit sind das Empire und sein
Ausklang, die stille Biedermeierzeit, die eigentliche Keim-

vater eins nach dem andern hatte anfertigen lassen.
Er hatte sie sorgfältig durchprobiert und so lange
Verbesserungen verlangt und angegeben, bis er nichts
mehr auszusetzen fand. Das ist dieselbe Methode,
nach der heute in den englischen Klubs die allen
Zwecken in Vollkommenheit dienenden Möbelformen
erreicht werden, und die wir nach Möglichkeit wieder
aufnehmen müssen, wenn wir aus unserer Misere
herauskommen wollen« — so passen solche Worte
vollständig auf die Wiener Verhältnisse, und die
Bemühungen (speziell Professor Hoffmann's) haben
hier auch schon Früchte getragen, indem (im Schroll-
schen Verlage) eine Publikation von Josef Folnesics,

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