Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 13.1902

DOI Artikel:
Abels, Ludwig W.: Vom Wiener Kunstgewerbe 1901-1902
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4880#0221

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VOM WIENER KUNSTGEWERBE

213

doch zeigt sich in diesem
Jahr noch zu wenig Selb-
ständigkeit und individu-
elle Art. Meist sind die
bewunderten Vorbilder
von Lalique, Vever und
anderen Pariser Schmuck-
künstlern mehr oder min-
dergeschickt nachempfun-
den. In der letzten
Zeit macht sich freilich
— wohl als Rück-
schlag gegen den Misser-
folg dieser Ausstellung —
die Tendenz geltend, den
spezifisch wienerischen
Kräften freiere Hand zu
lassen, und einiges, was
ich in den Frühjahrsmo-
naten gesehen, vor allem
die Arbeiten von Otto
Prutscher, Viktor Schön-
thoner, Fräulein Else
Unger, Peter Breithut,
Walter Hampel und an-
deren, lässt für das Folge-
jahr einen besonderen
Aufschwung auf diesem
Oebiet erhoffen, auf dem
Wien ja in früheren Ta-
gen neben Paris ein be- PROF. JOSEF OLBRICH,
sonderes Renommee ge- DER WOHNUNG EINES
nossen hat.

Eine andere Wiener Spe-
zialität, die auf dieser Win-
terausstellung gut vertreten,
aber durch schlechte Anord-
nung ihrer Wirkung und
ihres Erfolges beraubt war,
ist die Kunst des Holz-
schnitzens. Besonders die
Rahmen, Papiermesser, Käm-
me, Masken und figuralen
Arbeiten und anderes von
Franz Zelezny (vergleiche
die »Zeitschrift für bildende
Kunst« Neue Folge XIII,
Heft 10) zeigen einen überra-
schenden Reichtum an moder-
ner Erfindung und eine vir-
tuose Beherrschung der
Technik. — Weniger befrie-
digend als diese kunstgewerb-
lichen Plastiken sind im all-
gemeinen die für Bronzeguss
geschaffenen. Hier hat eine
spielerige Manier Platz ge-
griffen, welche dem Ge-
schmack des grossen Publi-
kums am Genrehaften zu
sehr entgegenkommt. Neuer-

DARMSTADT, VORHANG IN
WIENER KUNSTFREUNDES

ROBERT OERLEY, WIEN, SEIDENSTOFF

Kunstgewerbeblatt. N. F. XIII. H. 11.

dings bringt neben dem
bekannten Kleinplastiker
Gustav Gurschner auch
die »Wiener k. k. Erz-
giesserei« mehr Artikel
kunstgewerblichen Charak-
ters auf den Markt, unter
denen sich besonders die
von Alfonso Canciani und
von Josef Oefner model-
lierten durch reizvolle Er-
findung und materialge-
rechte Behandlung aus-
zeichnen.

Eine kleine Kollektion
kunstgewerblicher Geräte
war auch in der letzten
Ausstellung der Wiener
Secession enthalten. Kolo
Moser's Gläser geniessen
ja bereits einen Weltruf,
ich kann mir daher erspa-
ren, auf diese näher ein-
zugehen. Auch über
Otto Prutscher's Schmuck
habe ich schon gespro-
chen; es erübrigt noch,
von einigen Aschenschalen
nach Entwurf von Baronin
Myrbach und mehreren
emaillierten Metallgefässen
von Fräulein Else Stark
Notiz zu nehmen. Der
Bildhauer Luksch hatte zu
dieser Ausstellung einige
Versuche, Porträtfiguren in
glasierter Majolika herzu-
stellen, beigesteuert. Die
russischen Vorbilder, die kurz
vorher in Wien zu sehen
waren, mögen wohl zu die-
sem Experimente geführt
haben, das bei einer Porträt-
statuette (Frau des Malers
Kurzweil) auch ein gelunge-
nes Resultat aufwies.

Endlich wäre von den
grossen Fortschritten der
Wiener Schule auf dem Ge-
biet der Flächendekoration,
von der einfachen ornamen-
talen Behandlung und dem
Buchschmuck bis zur mo-
dernen Illustration, zu reden.
Der Verlag Martin Gerlach &
Co. hat die meisten derartigen
Talente um sein Banner
versammelt und lässt sie
teils in der Vorlagensamm-
lung »Die Quelle«, teils in
den kürzlich erschienenen

32
 
Annotationen