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Mander, Carel van; Floerke, Hanns [Übers.]
Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Band 1) — München, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7515#0221

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Das Leben des hervorragenden Malers Joos van Cleef von Antwerpen 207

ein Brauer namens Jorisz Jansz. und gab seinen Sohn
Augustijn zu einem gewissen Jakob Mondt in Delft,
einem obskuren Maler, in die Lehre, bei dem er ungefähr
drei Jahre blieb. Dann ging er fort und kam nach Mecheln,
wo er auch bei irgendeinem Meister war, und reiste von
dort nach Paris in Frankreich, wo er bei einem Mr- Pieter
de la Cuffle Wohnung nahm, einem guten Stecher, der
unter anderm die drei Parzen2S1 von Rosso Fiorentino
und einen perspektivisch gesehenen viereckigen Plafond —
einen Himmel darstellend — gestochen hat. Er war zwar
kein Maler, wohnte und wirtschaftete aber mit seinem Bruder
zusammen, und sie beschäftigten ausser einigen Goldschmieden
stets einen Maler und einen Bildhauer in ihrer Werkstatt
und gaben darum Augustijn Arbeit. Als Augustijn hier
fünf Jahre gewohnt hatte, kam er wieder nach Delft, wo er
sich durch Vollendung einer kleinen Anzahl — es waren
fünf — Bilder einen grossen Namen machte. Er verstand
es gut, grosse Figuren und ganze Kompositionen zu malen.
Bei seinem Bruder in Delft, einem Goldschmied, befinden
sich einige Sachen von seiner Hand, namentlich eine sehr
gut gemalte Familie der heiligen Anna von anmutiger Weich-
heit, die sehr gerühmt wird. Landschaften hat man hierzu-
lande von ihm nicht gesehen.282 Als er fünf Monate zu
Hause gewesen war, fand man ihn, der noch unverheiratet
war, ertrunken in einem Brunnen hinter dem Hause, ohne
dass man weiss, wie dies geschah. Aus gewissen Zeichen
schliesst man jedoch, dass er für den Weisstopf oder die
Pinsel, die er zum Präparieren der Leinwand brauchte,283
Wasser schöpfen wollte, wobei seine Füsse ausgeglitten und
er in den Brunnen gestürzt und zum grossen Schaden für
die Kunst hülflos ertrunken ist; denn er hatte viel versprochen.
Er starb im Jahre 1552, siebenundzwanzig Jahre alt.

Das Leben des hervorragenden Malers Joos van Cleef,
genannt „der verrückte Cleef", von Antwerpen.
Es wäre seltsam, wenn die hervorragendsten Meister in
unserer Kunst in ihrem Herzen nicht einen geheimen Drang
 
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