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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 8.1965

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Burck, Erich: Bedrohung der alten Sprachen an den Gymnasien der Bundesrepublik: Schreiben von Herrn Professor Dr. E. Burck an die Herren Professoren und Dozenten der Klassischen Philologie und Alten Geschichte an den Universitäten der Bundesrepublik
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https://doi.org/10.11588/diglit.33070#0012

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Schreiben von Herrn Professor Dr. E. Burck an die

Herren Professoren und Dozenten der Klassischen Philologie und Alten Geschichte

an den Universitäten der Bundesrepublik

Kiel, den 28. 11. 1964

Betr.: Bedrohung der alten Sprachen an den Gymnasien der Bundesrepublik

Sehr geehrter Herr Kollege!

Die schulpolitische Situation, insbesondere die Bedrohung der altsprachlichen Gym-
nasien und der Stellung des Lateinischen an den neusprachlichen Gymnasien, veranlassen
meine Kieler Kollegen und mich zu diesen Zeilen, um Ihre Aufmerksamkeit auf Maß-
nahmen und Gefahren hinzuweisen, die der Pflege der alten Sprachen an unseren Gym-
nasien in verhängnisvollster Weise Abbruch tun.

Die neue Fassung des sog. Düsseldorfer Abkommens, die bereits von den Herren
Ministerpräsidenten der Länder gebilligt worden ist, sieht die Verkürzung des griechi-
schen Unterrichts auf allen altsprachlichen Gymnasien um ein Jahr vor und setzt den
Beginn des Griechischen auf Klasse 5 (Obertertia) fest. Dies bedeutet nicht nur eine er-
hebliche Reduktion des griechischen Unterrichts insgesamt, sondern auch die sehr be-
denkliche Verschiebung des Beginns in die Jahre der Pubertät. Die Gründe, die für diese
schwerwiegende Änderung vorgebracht worden sind — Angleich an den Einsatz der
dritten Fremdsprache in den anderen Gymnasien; eine angeblich größere „Durchlässig-
keit“; Ablehnung des Beginns zweier Fremdsprachen in zwei aufeinanderfolgenden
Jahren — bedürfen für den Kenner der Materie kaum der Widerlegung und müssen
hier - ebenso wie die Rechtfertigung der bisherigen Regelung - unerörtert bleiben.

Die Aussichten für eine Änderung der vorgesehenen neuen Regelung sind gewiß
gering. Die Voten und Einsprüche einzelner Fakultäten und Kollegen während des
Ganges der Verhandlungen der Kultusminister, bzw. der Ministerpräsidenten haben nur
wenig Erfolg gehabt. Dennoch sollten wir alles in unseren Kräften Stehende tun, um
die gegenwärtige Stellung des Griechischen und Lateinischen im Unterricht der altsprach-
lichen Gypmasien zu erhalten oder doch zumindest durch unsere Proteste gegen die ge-
plante Änderung die Möglichkeit einer Rückverwandlung der jetzt vorgesehenen Neu-
ordnung nach dem Ablauf des Diisseldorfer Abkommens in fünf Jahren zielstrebig
anzubahnen. Wie ist eine Einflußnahme möglich?

1. Da die neue Fassung des Abkommens durch die Länderparlamente ratifiziert wer-
den muß, ist durch die Fühlungnahme mit den Volksbildungsausschüssen der Parlamente
oder mit einzelnen Parlamentarieren eine Vertretung unseres Standpunktes bei den
letzten Verhandlungen zu erreichen. Außerdem können die Elternschaften der altsprach-
lichen Gymnasien zu Einsprüchen veranlaßt werden. Es wäre besonders wirkungsvoll,
wenn die Länderregierungen und Länderparlamente einen Einspruch geschlossener Fa-
kultäten erhalten wiirden.

2. Falls eine Änderung gegenwärtig nicht zu erzielen ist, sollten wir - aber erst nach
dem Scheitern aller anderen Versuche - unser konzentriertes Bemühen darauf richten,
die beiden Möglichkeiten auszunutzen, die das neue Abkommen für eine Verstärkung
des griechischen und lateinischen Unterrichts läßt:

a) Der Wegfall der - meist fünf - griechischen Stunden in Untertertia müßte unter
allen Umständen einer wesentlichen Verstärkung des lateinischen Unterrichts (und da-
durch einer indirekten Vorbereitung des griechischen Unterrichts) in dieser Klasse zu-
gute kommen, zumal der Latein-Unterricht in Untertertia bisher wegen des Beginns des
Griechischen in den meisten Ländern sehr verkürzt ist und in der Regel nur vier Stun-
den beträgt.

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