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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 26.1983

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Nr. 4
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Schulze, Wolfgang: Ein offener Brief (s. Nr. 3/1983)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33083#0097

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Ein offener Brief (s. Nr. 3/1983)
Dr. Wolfgang Schulze 5750 Menden, den 11. 9. 83
Am Vollmersbusch lb
Sehr geehrter Herr Dr. Prutscher!
In der crux der Ära der Telefone, Ticker und automatisierten Sprachlosigkeit
animieren — ungeachtet methodischer Qualitäten und inhaltlicher sowie for-
maler ubertas — spezifisch hermeneutische Probleme in ihrer Konsistenz und
Eigendynamik den hierfür prädestinierten und sensibilisierten Unterzeichneten,
trotz manifester deflzienter historischer Distanz wieder kemauthentisch eine —
diese — Epistel als litterae patentes zu konzipieren.
Vermag auch soziokulturell allomorphe, extrinsische Steinbruchmentalität
eine multiple Unterrichtsöffentlichkeit in ihrer embryonalen Opulenz kaum
genuin zu repräsentieren, so sei immerhinque, ohne augustinische Verve dieser,
die Exklusivität privater, depressiver Herzausschüttungen (sic!) transzendieren-
de Offene Brief für einen bis hin zum mondänen Publikum expandierenden
Adressatenzirkel komponiert. Somit wird freilich die Hohlform eines abge-
schotteten Systems einer primär dualen Kommunikation von der Aura des di-
daktischen Vagabundismus befreit.
Die Fiktionsform der Brieffiktion konzediert nicht nur die Humanisie-
rung einer deformierten Schule und einer zum Konglomerat verkommenen Ge-
sellschaft, sie demonstriert auch vermittels anthropologischer Konstanten und
existentieller Kategorien didaktische Prioritäten in ihrer spezifischen Konstella-
tion ad oculos. Bei der Destruktion inkriminierter Aktualitätsdefizite im alt-
sprachlichen Unterricht muß der allem pragmatischen Euphemismus abholde
consensus über den Primat der Schutzwürdigkeit des Primärkodes — vulgo der
deutschen Muttersprache — wieder zum Evergreen werden (Survival of the fit-
test).
Dies alles — und diese Zeilen nicht minder — postuliert ein hohes Quantum
an Takt und Behutsamkeit. Wie schon bei der Rezeption sonstiger disparater
Derivate individueller und kollektiver Bewußtseinsformen fragt es sich hic et
nunc, ob das analytische Instrumentarium der Epistolographie — cum absente
loqui — sich realiter zur (pazifistischen!) Mehrzweckwaffe konstituieren kann.
Quae cum ita sint, den Übermutsbonus für karg kaschierte, zerstäubte Illusio-
nen über klassische Fachsprache revisionistisch einheimsend, verbleibt mit kol-
legialem Gruß
Ihr
gez. Wolfgang Schulze

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