„In der Schule geht es weder primär um ein Menschheitsideal, noch primär
um den Sinn des Lebens, sondern um planmäßiges ökonomisches Lernen“.17
So spricht der Jünger. Lesen wir bei seinem Meister John Dewey nach: „Die
Idee der Vervollkommnung einer inneren Persönlichkeit ist ein sicheres Zei-
chen gesellschaftlicher Absonderung. Was das Innere genannt wird, ist einfach
das, was sich nicht mit anderen verbindet ... Was geistige Kultur genannt wird,
ist in der Regel wertlos, hat etwas Faules an sich Hier haben sie das
Verdikt Ihrer Bildung und wir Schulleute finden in diesem Erziehungsprag-
matismus den Grund für die Strangulierung der sprachlichen und geisteswis-
senschaftlichen Studien in der Kollegstufe.19
Und weiter heißt es bei Th. Wilhelm: Die „Freiheit von sich selbst ist die
einzige Freiheit, die der Existenz des Menschen in der technisierten, egalitären
Großgesellschaft noch angemessen sei.“20 Wer hört da nicht auch die weiter-
gehenden bildungspolitischen Fanfarenstöße: Egalisation! Sozialisation statt
Bildung! Strategisches Lernen! Instrumentalisierung der Schule für Gesell-
schaftsveränderungen!21 Der in der pragmatistischen Erziehungstheorie Deweys
schlummernde Hegelianismus wird bei uns machenorts als Linkshegelianismus
virulent.22
Die Aktualität der Tübinger Überlegungen
Das Prinzip des von Amerika importierten child-centered curriculum,23 das in
den integrierten Differenzierungssystemen dem Jugendlichen, dem noch nicht
17 In dem ökonomischen Erziehungspragmatismus trifft sich Wilhelm mit Picht, für den
die Schule eine Produktionsstätte des qualifizierten Nachwuchses für die gewaltige
Maschinerie der modernen Wirtschaft und Gesellschaft ist. Vgl. Zehn Thesen über die
Höhere Schule, Picht, Die Verantwortung des Geistes, Olten und Freiburg 1963, S.
85 f., 4. These. Vgl. Wilhelm, a.a.O. S. 8
18 Democracy and Education, New York 1916, S. 143
19 Vgl. Anm. 25. 20 a.a.O. S. 20
21 Der Behaviorismus und Pragmatismus kommen den Systemveränderern bei uns sehr
gelegen.
22 Thomas Molnar, Prof, für franz. Lit. und Geistesgeschichte in Brooklyn und Long
Island, zeigt, wie in Amerika und in der westlichen Zivilisation Deweys „Philosophie
des Wandels“ zu einer pragmatistischen Pädagogik der Mittelmäßigkeit führt und zwar
auch ohne Nc-Druck! 1. Stufe: Preisgabe eines Curriculum, das das Denken ständig
anregt (Zurückdrängung der Fremdsprachen als Kulturerschließungsmedien, der geistes-
wissenschaftlichen und math.-naturwissenschaftl. Fächer), 2. Stufe: Einführung eines
Curriculum, das den Schüler geistig verarmen läßt, ihn aber umso besser an die gängigen
Verhaltensweisen der sich wandelnden Zivilisation anpaßt - ohne habituelle Verbin-
dung mit den allgemeinen Ideen und den großen Problemen der „condition humaine“.
Molnar macht deutlich, wie die Kulturfeindlichkeit und scheinbare Wertneutralität des
pädagogischen Pragmatismus ein moralisches und intellektuelles Vakuum hinterläßt,
das Ideologien ansaugt. Vgl. Th. Molnar, Die Zukunft der Bildung, Düsseldorf 1971.
23 Vgl. Molnar, a.a.O. S. 49 „Schüler, die Lernprogramme mit Wahlkursen ausfüllen, die
vornehmlich zur Befriedigung „individueller Bedürfnisse“ bestimmt sind, haben sich
bald so weit von den trad. Unterrichtsgegenständen entfernt, daß nur wenige jemals
einen Weg zurückfinden oder gar bemerken, daß sie in eine geistige Falle geraten sind.“
- Mutatis mutandis schränkt auch die Kollegstufe je nach Abiturprofil die Offenheit
der Studienwahl ein.
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um den Sinn des Lebens, sondern um planmäßiges ökonomisches Lernen“.17
So spricht der Jünger. Lesen wir bei seinem Meister John Dewey nach: „Die
Idee der Vervollkommnung einer inneren Persönlichkeit ist ein sicheres Zei-
chen gesellschaftlicher Absonderung. Was das Innere genannt wird, ist einfach
das, was sich nicht mit anderen verbindet ... Was geistige Kultur genannt wird,
ist in der Regel wertlos, hat etwas Faules an sich Hier haben sie das
Verdikt Ihrer Bildung und wir Schulleute finden in diesem Erziehungsprag-
matismus den Grund für die Strangulierung der sprachlichen und geisteswis-
senschaftlichen Studien in der Kollegstufe.19
Und weiter heißt es bei Th. Wilhelm: Die „Freiheit von sich selbst ist die
einzige Freiheit, die der Existenz des Menschen in der technisierten, egalitären
Großgesellschaft noch angemessen sei.“20 Wer hört da nicht auch die weiter-
gehenden bildungspolitischen Fanfarenstöße: Egalisation! Sozialisation statt
Bildung! Strategisches Lernen! Instrumentalisierung der Schule für Gesell-
schaftsveränderungen!21 Der in der pragmatistischen Erziehungstheorie Deweys
schlummernde Hegelianismus wird bei uns machenorts als Linkshegelianismus
virulent.22
Die Aktualität der Tübinger Überlegungen
Das Prinzip des von Amerika importierten child-centered curriculum,23 das in
den integrierten Differenzierungssystemen dem Jugendlichen, dem noch nicht
17 In dem ökonomischen Erziehungspragmatismus trifft sich Wilhelm mit Picht, für den
die Schule eine Produktionsstätte des qualifizierten Nachwuchses für die gewaltige
Maschinerie der modernen Wirtschaft und Gesellschaft ist. Vgl. Zehn Thesen über die
Höhere Schule, Picht, Die Verantwortung des Geistes, Olten und Freiburg 1963, S.
85 f., 4. These. Vgl. Wilhelm, a.a.O. S. 8
18 Democracy and Education, New York 1916, S. 143
19 Vgl. Anm. 25. 20 a.a.O. S. 20
21 Der Behaviorismus und Pragmatismus kommen den Systemveränderern bei uns sehr
gelegen.
22 Thomas Molnar, Prof, für franz. Lit. und Geistesgeschichte in Brooklyn und Long
Island, zeigt, wie in Amerika und in der westlichen Zivilisation Deweys „Philosophie
des Wandels“ zu einer pragmatistischen Pädagogik der Mittelmäßigkeit führt und zwar
auch ohne Nc-Druck! 1. Stufe: Preisgabe eines Curriculum, das das Denken ständig
anregt (Zurückdrängung der Fremdsprachen als Kulturerschließungsmedien, der geistes-
wissenschaftlichen und math.-naturwissenschaftl. Fächer), 2. Stufe: Einführung eines
Curriculum, das den Schüler geistig verarmen läßt, ihn aber umso besser an die gängigen
Verhaltensweisen der sich wandelnden Zivilisation anpaßt - ohne habituelle Verbin-
dung mit den allgemeinen Ideen und den großen Problemen der „condition humaine“.
Molnar macht deutlich, wie die Kulturfeindlichkeit und scheinbare Wertneutralität des
pädagogischen Pragmatismus ein moralisches und intellektuelles Vakuum hinterläßt,
das Ideologien ansaugt. Vgl. Th. Molnar, Die Zukunft der Bildung, Düsseldorf 1971.
23 Vgl. Molnar, a.a.O. S. 49 „Schüler, die Lernprogramme mit Wahlkursen ausfüllen, die
vornehmlich zur Befriedigung „individueller Bedürfnisse“ bestimmt sind, haben sich
bald so weit von den trad. Unterrichtsgegenständen entfernt, daß nur wenige jemals
einen Weg zurückfinden oder gar bemerken, daß sie in eine geistige Falle geraten sind.“
- Mutatis mutandis schränkt auch die Kollegstufe je nach Abiturprofil die Offenheit
der Studienwahl ein.
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