SANITÄTSGESCHICHTEN
ärzten, von den Ägyptern vergöttert. Wahrscheinlich hängt
die Fähigkeit des Arztes mit seiner Bedeutung als Orien-
talist zusammen, die sogar von Röhricht gepriesen wird.
Sein Steckenpferd schützt ihn vor dem Spezialistentum.
Sobald er in das Hinterzimmer kommt, nimmt er irgend-
ein Stück seiner Sammlung, um es uns zu zeigen, wahr-
scheinlich um selbst etwas anderes vor Augen zu haben.
Dann geht er zu den Kranken zurück. So etwas fehlt
Dr. Aller. Josua Dohn hielt ihm gestern einen Vortrag über
das Alte Reich, die bekannten Geschichten. Ich merkte, daß
Dr. Aller nicht eine Silbe begriff und mit offenen Augen
schlief. Nur bei dem Sphinx, den Josua Dohn in seiner
poetischen Art für das allerheiligste Tier Ägyptens er-
klärte, wachte er auf und erkundigte sich nach dem Vor-
kommen des Tiers. Wir dachten, er wolle einen übertrieben
albernen Witz machen, aber sein Gesicht war ganz ernst
und verriet eine fast ängstliche Spannung.
— „Sphinx!“ sagte der Krostewitzer, „Sie wissen doch,
das Steinding in Gize, das sie jetzt ausbuddeln.“ —
— „Ausbuddeln?“ — Noch mehr spannte sich das Ge-
sicht. War es möglich, daß der Mensch nie vom Sphinx
gehört hatte! — Die Dame aus Krostewitz sah mich an,
wie um zu sagen: So ein Schaf!
Der Sphinx von Gize, bemerkte Josua Dohn mit Würde,
sei das Monument der Ägypter aus der Zeit Chefrens.
— „Ach so!“ sagte Dr. Aller und rieb sich die Finger.
Er hat eine sonderbare Art, sich die Finger zu reiben und
dazu mit den Augen zu blinzeln, und erinnerte mich an
einen Bekannten, auch einen Kölner, der von der Front
bei Verdun ins Cafe Josty kam und das Gehör eingebüßt
hatte. Aller sitzt gerade so da. Rührt man ihn an, wird er
sofort lebhaft und wirft etwas über das Trachom oder die
Bilharzia hin, und zwar so, als hätte man eben noch davon
gesprochen und sei nur unterbrochen worden. Genau so
war der Mensch bei Josty. Gegen das Trachom, die Augen-
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ärzten, von den Ägyptern vergöttert. Wahrscheinlich hängt
die Fähigkeit des Arztes mit seiner Bedeutung als Orien-
talist zusammen, die sogar von Röhricht gepriesen wird.
Sein Steckenpferd schützt ihn vor dem Spezialistentum.
Sobald er in das Hinterzimmer kommt, nimmt er irgend-
ein Stück seiner Sammlung, um es uns zu zeigen, wahr-
scheinlich um selbst etwas anderes vor Augen zu haben.
Dann geht er zu den Kranken zurück. So etwas fehlt
Dr. Aller. Josua Dohn hielt ihm gestern einen Vortrag über
das Alte Reich, die bekannten Geschichten. Ich merkte, daß
Dr. Aller nicht eine Silbe begriff und mit offenen Augen
schlief. Nur bei dem Sphinx, den Josua Dohn in seiner
poetischen Art für das allerheiligste Tier Ägyptens er-
klärte, wachte er auf und erkundigte sich nach dem Vor-
kommen des Tiers. Wir dachten, er wolle einen übertrieben
albernen Witz machen, aber sein Gesicht war ganz ernst
und verriet eine fast ängstliche Spannung.
— „Sphinx!“ sagte der Krostewitzer, „Sie wissen doch,
das Steinding in Gize, das sie jetzt ausbuddeln.“ —
— „Ausbuddeln?“ — Noch mehr spannte sich das Ge-
sicht. War es möglich, daß der Mensch nie vom Sphinx
gehört hatte! — Die Dame aus Krostewitz sah mich an,
wie um zu sagen: So ein Schaf!
Der Sphinx von Gize, bemerkte Josua Dohn mit Würde,
sei das Monument der Ägypter aus der Zeit Chefrens.
— „Ach so!“ sagte Dr. Aller und rieb sich die Finger.
Er hat eine sonderbare Art, sich die Finger zu reiben und
dazu mit den Augen zu blinzeln, und erinnerte mich an
einen Bekannten, auch einen Kölner, der von der Front
bei Verdun ins Cafe Josty kam und das Gehör eingebüßt
hatte. Aller sitzt gerade so da. Rührt man ihn an, wird er
sofort lebhaft und wirft etwas über das Trachom oder die
Bilharzia hin, und zwar so, als hätte man eben noch davon
gesprochen und sei nur unterbrochen worden. Genau so
war der Mensch bei Josty. Gegen das Trachom, die Augen-
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