ASSUAN
Sinn für differenzierten Dienstanspruch, den Whistler sei-
ner Mutter nachrühmte. Diese lebte auf einer Farm in Ka-
nada. Bezog sich der Himmel und lehnte sie gerade lässig,
wie sie zu tun pflegte, im Fenster,so rief sie einer Sklavin:
—> „Jim, es wird regnen. Nimm mir den Arm weg!“ —
Wir liegen der Insel Elefantine gegenüber, an der
üppigsten Stelle des Nils. Der Strom präsentiert hier die
ganze weitschweifige Fülle seiner Eigenart, und es wäre
ungereimt, ihn mit dem Tümpel vor dem Katarakt ver-
gleichen zu wollen. Statt einer der Massenschau dienen-
den Terrasse von indiskretem Umfang, auf der Behns ihr
Unwesen treiben, dehnt sich vor den Zimmern des ersten
Stocks ein schlichter und intimer Vorbau. Man tritt des
Morgens leicht bekleidet hinaus, nimmt über Wipfel duf-
tender Akazien oder analoger Bäume einen Blick ins
Weite, grüßt die Schiffe, scherzt leutselig mit dem Bischa-
rin und erlaubt der Öffentlichkeit nur den Blick von unten.
Im gegebenen Augenblick zieht man sich in seine Ge-
mächer zurück. Zuweilen ergibt sich nach dem Bad der
Anlaß, den rotseidenen Schlafrock umzuhängen. Der Bi-
scharin gerät in Verzückung, teils weil er Farben liebt,
teils der Chancen wegen, die er aus ihnen deutet, schwingt
eine Kette aus Glas und entnimmt tanzend dem Kaftan
getrocknete Krokodile verschiedener Größe. Über dem lä-
chelnden Gesicht voll Witz und Klugheit steht gleich einer
Dornenkrone das mit Nilschlamm gesteifte Haar.
Die Bischarin sollen ein dein Altägyptischen verwandtes
Idiom sprechen und bringen auf ihren Kamelen Produkte
der Wüste heran. Ihr Lager aus Löchern und Zelten liegt
gleich vor Assuan in der Wüste. Nähert man sich, schwär-
men Herden nackter Kinder aus, umzingeln die Beiter
und schreien nach Backschisch. Übrigens machen das die
anderen Kinder geradeso. Backschisch ist das Wort für den
Weißen. Die Kleinsten wissen noch gar nicht, daß man
dabei die Hand hinhalten muß.
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Sinn für differenzierten Dienstanspruch, den Whistler sei-
ner Mutter nachrühmte. Diese lebte auf einer Farm in Ka-
nada. Bezog sich der Himmel und lehnte sie gerade lässig,
wie sie zu tun pflegte, im Fenster,so rief sie einer Sklavin:
—> „Jim, es wird regnen. Nimm mir den Arm weg!“ —
Wir liegen der Insel Elefantine gegenüber, an der
üppigsten Stelle des Nils. Der Strom präsentiert hier die
ganze weitschweifige Fülle seiner Eigenart, und es wäre
ungereimt, ihn mit dem Tümpel vor dem Katarakt ver-
gleichen zu wollen. Statt einer der Massenschau dienen-
den Terrasse von indiskretem Umfang, auf der Behns ihr
Unwesen treiben, dehnt sich vor den Zimmern des ersten
Stocks ein schlichter und intimer Vorbau. Man tritt des
Morgens leicht bekleidet hinaus, nimmt über Wipfel duf-
tender Akazien oder analoger Bäume einen Blick ins
Weite, grüßt die Schiffe, scherzt leutselig mit dem Bischa-
rin und erlaubt der Öffentlichkeit nur den Blick von unten.
Im gegebenen Augenblick zieht man sich in seine Ge-
mächer zurück. Zuweilen ergibt sich nach dem Bad der
Anlaß, den rotseidenen Schlafrock umzuhängen. Der Bi-
scharin gerät in Verzückung, teils weil er Farben liebt,
teils der Chancen wegen, die er aus ihnen deutet, schwingt
eine Kette aus Glas und entnimmt tanzend dem Kaftan
getrocknete Krokodile verschiedener Größe. Über dem lä-
chelnden Gesicht voll Witz und Klugheit steht gleich einer
Dornenkrone das mit Nilschlamm gesteifte Haar.
Die Bischarin sollen ein dein Altägyptischen verwandtes
Idiom sprechen und bringen auf ihren Kamelen Produkte
der Wüste heran. Ihr Lager aus Löchern und Zelten liegt
gleich vor Assuan in der Wüste. Nähert man sich, schwär-
men Herden nackter Kinder aus, umzingeln die Beiter
und schreien nach Backschisch. Übrigens machen das die
anderen Kinder geradeso. Backschisch ist das Wort für den
Weißen. Die Kleinsten wissen noch gar nicht, daß man
dabei die Hand hinhalten muß.
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