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Meier-Graefe, Julius
Pyramide und Tempel: Notizen während einer Reise nach Ägypten, Palästina, Griechenland und Stambul — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27195#0270
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DER-EL-BAHRI

ein Bild vor, sehr zart aus Pastellfarben, ein Kostümbild,
dessen Gegenstand ich mir in dieser durchaus übertrage-
nen bildhaften Form erhalten möchte.

Der terrassenförmige Tempel liegt in einem großen, von
drei Seiten abgeschlossenen Kessel vor einer steil aufstei-
genden Bergwand. Der Kessel gehört zu den Seltenheiten
dieses um Einfälle nicht verlegenen Landes. Die Sugge-
stion haftet hier wie überall in Ägypten nicht allein an den
Umrissen, deren Originalität vielleicht von den felsigen
Bergen anderer Länder übertroffen wird, sondern an dem
einzigartigen Abstand, den Strom und Wüste hinzufügen
und der die schöne räumliche Ordnung bewirkt. Diese
steigert sich hier zu einem gewaltigen Naturbau, der einem
nach dem Nil zu offenen, im übrigen festgeschlossenen
Hof von großer Ausdehnung zu vergleichen wäre. Schon
die geschützte Lage ladet zur Niederlassung ein. Hier, zwi-
schen den hohen Wänden, fühlt man sich geborgen, und
es lag einer Königin, die viel Feindschaft um sich spürte,
nahe, hier ihr besonderes Heiligtum zu errichten.

Die Terrassen bringen einen auf Sanssouci. Die letzte
Terrasse stößt an die große Felswand, den Hintergrund,
und das Innere des Berges birgt das Allerheiligste. Die
drei Terrassen sollten den Aufstieg zu dem riesigen Hinter-
grund vermitteln. So der Gedanke der Königin, ein echt
romantischer Gedanke, den die Kunst, mit der er ausge-
führt wurde, adelt. Doch erblickt man von hier den Weg
nach Abu Simbel.

Die Abbildungen des Tempels verschweigen viel, so den
betrübenden Zustand vieler Teile. Vollständig auch im
Äußeren erhalten ist eigentlich nur ein kleines Stück. Der
Best wurde zusammengeflickt und ohne Liebe ergänzt. Die
schönen kantigen Originalsäulen stehen nur in dem frag-
mentarischen Seitenflügel. Viel bedenklicher aber täu-
schen die Photos über den Beitrag der Natur. Die Fels-
wand im Hintergrund ist ganz unverhältnismäßig intakter

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