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Meier-Graefe, Julius
Pyramide und Tempel: Notizen während einer Reise nach Ägypten, Palästina, Griechenland und Stambul — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27195#0322
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JERUSALEM

immer. Natürlich brauchten sie für die Brüder aus allen
Teilen der Welt ein Verständigungsmittel. Es kommen
schwarze Juden aus Zentralafrika her. Bei einigem Nach-
denken hätte man darauf gefaßt sein müssen. Die
Sprache gehört zur Bureaueinrichtung und gibt dem Kind
einen Namen, und in solchen Dingen sind sie immer groß'.
Immerhin hätte ich ihnen eher ein Volapük, ein eigenes
Esperanto zugetraut, alles, was gemacht werden kann,
nicht diese nächstliegende Beminiszenz mit dem alten Ton.
Man entzieht sich nicht dem Unterton des Verständigungs-
mittels. Auch der Hebräer mit den Schläfenfransen, der
schon lange in der dunklen Gasse haust, spricht Hebrä-
isch, auch der Orthodoxe in lila Samt mit der Pelzmütze,
dem der Zionismus ein Greuel ist und der eigentlich diese
Verallgemeinerung der heiligen Sprache verabscheut,
auch der hergelaufene Student ohne Fransen, auch der
sozialistische Arbeiter. Die Sprache fiel nicht vom Him-
mel, war immer da, saß nur eingekapselt in starren For-
men. Sie haben sie befreit, ein glänzender Einfall, womög-
lich nicht einmal ein Kunststück. Der Urtrieb des organi-
schen Lauts hat sich bewährt und ist aufs neue aktiv ge-
worden. Das geht immerhin über Organisationstalent hin-
aus. Man entzieht sich nicht der Norm des Verfahrens.

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