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Meier-Graefe, Julius
Pyramide und Tempel: Notizen während einer Reise nach Ägypten, Palästina, Griechenland und Stambul — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27195#0427
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LÖWENMÄULER

durfte man zerstückeln, Christus für pathologisch, Dosto-
jewski für einen Lustmörder halten — aber der Alte
Fritz war hors concours, wenigstens für uns Deutsche.
Die Diskussion warf huschende Streiflichter auf nächt-
liches Gelände. Wenn es nun aber nicht gerade Hegemann,
sondern einem anderen und womöglich vielen anderen,
und nicht nur uns Deutschen, sondern weitesten Kreisen
einfiel, den wirklichen Friederich, den kühnen Aben-
teurer, den Machtmenschen und Menschenfeind, den Mei-
ster der Intrige, diese Mischung von Künstler, König und
Marquis von Keith für größer und unverhältnismäßig in-
teressanter zu halten als den preußisch frisierten Landes-
vater und Helden?

Thomas würdigte mich keiner Antwort, absorbiert von
Gefühlen, die mir nicht günstig waren. Ich muß sagen,
er wurde mir beinahe sympathisch, teils weil es mich be-
ruhigte, ihn zu erwischen, teils weil der Erwischte ver-
kehrte, aber immerhin menschliche Züge sehen ließ, eine
Art Wärme. Wenn er wirklich die Archäologie als He-
roenkult, nicht als Wissenschaft betriebe, wenn diese Men-
schen ein Griechenland hätten, irgendeins, selbst ein un-
wirkliches, aber eine Vorstellung, ein lebendiges Ganzes,
wären sie leichter zu ertragen. Das Fatalste an ihren Irr-
tümern ist die niedrige Temperatur.

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