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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0020

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Zur Entwicklung des Forschungsstandes

der hochmittelalterlichen Herrscher zu den ihnen gehörenden Reichsabteien auf die
Spur zu kommen, muß primär verfassungsgeschichtliche, also profangeschichtliche
Problemkreise ins Auge fassen und wird sich weniger mit den internen Entwick-
lungen des benediktinischen Mönchtums im 10.-13. Jahrhundert beschäftigen kön-
nen. So sind auch die wesentlichen Vorarbeiten zur vorliegenden Studie verfas-
sungsgeschichtlicher Natur.
Den Ausgangspunkt der Forschungen zum Themenkreis der Reichsabteien
und ihres Verhältnisses zum Königtum markieren nach wie vor die klassischen ver-
fassungsgeschichtlichen Werke von Georg Waitz und Julius von Ficker. In ihren
Darstellungen zum Verhältnis der mittelalterlichen Könige zur Reichskirche insge-
samt und den Reichsklöstern im besonderen haben sie die rechtsgeschichtlichen
Grundlagen gelegt, auf denen bis zu Theodor Mayers epochemachendem Werk
»Fürsten und Staat« (1950) - und darüber hinaus - jede ernstzunehmende Behand-
lung dieses Gegenstandsfeldes aufbauen muß.
Im ersten Band seiner Abhandlung »Vom Reichsfürstenstande« (1861) und mit
der späteren Akademiestudie »Vom Eigenthum des Reiches am Reichskirchengute«
(1872) beschäftigte sich der damals in Innsbruck lehrende Historiker Julius Ficker
mit zahlreichen Aspekten des Verhältnisses der mittelalterlichen Könige zur Reichs-
kirche in ihren vielfältigen Ausprägungen. Er definierte es als wesentliches Krite-
rium der reichsfürstlichen Stellung der Reichsäbte, vom König unmittelbar mit dem
Gut der Abteien, den seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts so genannten Regalien,
belehnt worden zu sein. Der König sei Herr der Reichsabteien gewesen, wie dies
manche fürstliche und nichtfürstliche Adlige gegenüber von ihnen gestifteten Klö-
stern ebenfalls waren. Die Vorstellung eines herrenlosen Klosters sei, so Ficker, nicht
denkbar. Im Unterschied zu den Reichsabteien »älterer Gründung« - eine Zeitstel-
lung, die erst Theodor Mayer bündig präzisieren sollte - seien die Vorsteher der
dem Heiligen Stuhl unmittelbar unterstehenden Klöster, außerdem der Prämon-
stratenserstifte und Zisterzienserklöster des 12. und 13. Jahrhunderts niemals zu
Reichsfürsten geworden.
Das Rechtsverhältnis des Königs zu den Reichsabteien definierte Ficker als das
des Obereigentümers zum bloßen Besitzer und Nutznießer. Reichskirchen seien
Eigentum des Reiches, alle ihre Güter und Rechte Pertinenzen einer dem Reich im
Obereigentum gehörenden Sache'. Das gelte in der Sache auch für diejenigen Gü-
ter, die eine Reichsabtei aus der Hand Dritter zu ihren Gütern hinzuerwürbe. Äuße-
rer Ausdruck dieses Eigentumsverhältnisses sei vor allem die Investitur des Vor-
stehers der Klöster durch den König, und dies auch über den Einschnitt des
Wormser Konkordates hinaus. Daneben seien aber weitergehende Rechte des Kö-
nigs und Pflichten der Abteien zu konstatieren. Das Regalienrecht des Königs ge-
genüber einer zeitweise ohne Feitung befindlichen Abtei und sein Spolienrecht ge-
genüber der Fahrhabe der gesamten Abtei beim Tode ihres Vorstehers seien die
aktiven Rechte des Herrn der Reichsabtei. Die Teistungen der Reichsabteien be-
stünden dagegen vor allem aus den Servitienleistungen und einer Beteiligung an
der Reichskriegsfahrt.

1 FiCKER, Eigenthum, S. 61.
 
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