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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0023

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Zur Entwicklung des Forschungsstandes

n

nischer Zeit, weitergehende Ergebnisse erzielen, bestätigten jedoch im wesentlichen
das Bild eines umfassenden königlichen Anspruches, bei der Bestimmung der Vor-
steher der Reichsklöster mitzuwirken. Wertvolle Einsichten erlaubt die Dissertation
von Hubertus Seibert über die Erhebungen von Äbten in Lothringen und Schwaben
während der salischen Zeit (1995), die Rechtstheorie und politisch-kirchliche Praxis
in einer ganzen Region einander gegenüberstellt und dabei über den Kreis der
Reichsklöster hinausgreift.
Kaum später als die Greifswalder Dissertationenserie erschien die Dissertation
von Hans Feierabend über »Die politische Stellung der deutschen Reichsabteien
während des Investiturstreites« (1913), die in der Kritik auf ein geteiltes Echo stießt,
ohne indes bis heute durch eine neue Bearbeitung des Themas ersetzt worden zu
sein. Den Kern seiner Arbeit bildet die Darstellung der »politischen« Stellungnah-
men der einzelnen Reichsabteien in der Auseinandersetzung der Salier und der gre-
gorianischen Reformpartei. Ein einleitendes allgemeines Kapitel über die Kloster-
politik Heinrichs II. kommt kaum über Matthäi hinaus, das abschließende Kapitel
über die Klosterpolitik der beiden letzten Salier entwickelt den Untersuchungs-
stand deutlich weiter, als Voigt dies 1888 hatte tun können.
Wesentlich weitergeführt wurde der Forschungsstand durch die 1910 erschie-
nene Arbeit von Edmund E. Stengel über die »Diplomatik der deutschen Immu-
nitäts-Privilegien vom 9. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts« (1910), in der seine
Berliner Dissertation (von 1902) und seine Marburger Habilitationsschrift (von
1907) aufgegangen waren. Stengel wies in akribischen Untersuchungen einerseits
auf die ungebrochene Fortentwicklung der Immunitätsprivilegien Ludwigs des
Frommen bis in das hohe Mittelalter hin, lieferte jedoch andererseits weit über die
bloße Diplomatik hinausgehende Ergebnisse zur Kirchenpolitik der Karolinger, Ot-
tonen und Salier, deren Bestreben zu einem Einbau der Bistümer und Klöster in den
herrschaftlichen Verband des mittelalterlichen Reiches er verdeutlichte.
Daß diese allgemeine Linie der Kirchenpolitik der hochmittelalterlichen Kö-
nige im Effekt systematischen Charakter annahm und in der Summierung der ein-
zelnen Maßnahmen ein System zuwegebrachte, zeigte Leo Santifaller 1953 in einer
Akademieabhandlung »Zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensy-
stems«. Die knappe Einleitung, vor allem aber die 200 Druckseiten umfassenden Li-
sten voller Nachweise zur hochmittelalterlichen Privilegierung der Reichskirche
sind bis heute ein Standardinstrument kirchengeschichtlicher Forschung geblieben.
Sie dienten der Untermauerung der jüngst wohl nicht zu Recht bestrittenen An-
nahme, daß das Handeln der Ottonen und mindestens der ersten Salier gegenüber
der Reichskirche das durchgehend geplante Ziel verfolgt habe, die Bistümer und
Klöster zu einer »Hauptstütze der deutschen Innenpolitik« werden zu lassen^ und
sie dadurch zu einer Gegengewalt gegen den dynastischen Adel des hohen Mittel-
alters auszubauen.

5 U. a. Karl BRANDi, in: ZRG 35 - KA 4,1914, S. 519; Albert BRACKMANN, in: Göttingische Gelehrte
Anzeigen 177, 1915, S. 564—566; Wilhelm DERSCH, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Ge-
schichte 48 (=N.F. 38), 1915, S. 225f.
6 SANTIFALLER, Reichskirchensystem, S. 39.
 
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