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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0016

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4

Einleitung

wurden seit merowingischer Zeit von den Königsklöstern geleistet, sind jedoch im
hohen Mittelalter kaum mehr so zahlreich nachweisbar wie für frühere Zeiten. Dies
bedeutet fraglos keinen Einschnitt in der Praxis liturgischen Gebets für Kaiser und
Reich, vermutlich wohl aber eine Verlagerung dieser Gebetsdienste in die Domka-
pitel und Bischofskirchen. Für die Beschreibung dieser Verlagerung bieten die we-
nigen überlieferten Quellennachrichten aus dem hohen Mittelalter das notwendige
Material.
Den hier skizzierten Problembereichen und Fragenkatalogen wird im Rahmen
der Arbeit nachgegangen werden, indem möglichst viele Quellennachrichten ana-
lysiert werden, die sich auf die Gruppe der Reichsabteien im Reich insgesamt be-
ziehen. Diese Gruppe umfaßte gleichzeitig niemals mehr als etwa 80 Abteien mit
außerordentlich unterschiedlichem Gewicht. Eine genaue Fiste der Reichsabteien
war im Anschluß an die Arbeiten Fickers und Matthäis zu erarbeiten; sie bildet den
Abschluß der vorliegenden Studie.
Die Festlegung des Untersuchungszeitraumes schließlich erfolgte einerseits
aus pragmatischen Erwägungen, andererseits aus inhaltlichen Gründen. Die Kon-
zentration auf die ottonisch-salische Periode erlaubt dabei, einen in sich weitgehend
konsistenten Untersuchungsgegenstand zu analysieren: Das Rechtsverhältnis
der Reichsabteien zu den Herrschern bleibt in dieser Zeit bis 1122 weitgehend kon-
stant.
Der Beginn mit dem Übergang der Herrschaft von den ostfränkischen Karolin-
gern zu den Ottonen bietet sich als Einschnitt besonders an, weil mit ihm die bisher
in verschiedenen rechtlichen Verhältnissen zu den Karolingern befindlichen Reichs-
und Königsklöster zu einer einheitlichen Gruppe von Abteien verbunden werden.
Sie fallen als Erbe der Karolinger insgesamt in die Hand der Ottonen, deren Ein-
griffsrechte und Zugriffsmöglichkeiten folgerichtig gegenüber den Abteien insge-
samt relativ gleichwertig sind. Dieses einheitliche Korpus verändert sich innerlich
durch die zahlreichen Reformansätze seit dem ausgehenden 10. Jahrhundert, äußer-
lich freilich erst durch die Folgen des Investiturstreites und seines Endes.
Im 12. Jahrhundert treten weitere bestimmende Faktoren hinzu, die die Reich-
weite der Veränderungen gegenüber früheren Zeiten deutlich werden lassen: Nicht
mehr Benediktiner alleine, sondern auch Zisterzienser und regulierte Chorherren
bestimmen das monastische Leben im Reich. Mehr und mehr gewinnen auch die
Reformklöster innerhalb der Benediktiner eine eigene Ausprägung, die sie vom be-
nediktinischen Reichsmönchtums sichtbar scheidet. Die Folgen der inneren Festi-
gung des Reichsfürstenstandes machen sich bei den geistlichen Reichsfürsten eben-
falls seit dem Beginn der staufischen Zeit bemerkbar. Anders als bei den weltlichen
Reichsfürsten kann der geistliche Reichsfürstenstand jedoch schon seit 1122 im we-
sentlichen als abgeschlossen gelten.
Dennoch dauert es nahezu ein weiteres Jahrhundert, bis durch eine Reihe von
gesetzgeberischen Maßnahmen und Einzelbeurkundungen um 1220 die veränderte
Rechtsstellung der Reichsklöster gegenüber dem König notifiziert wird: Die »Con-
foederatio cum principibus ecclesiasticis« des Jahres 1220 schreibt die besonderen
Vorrechte kirchlicher Fürsten gegenüber dem Reich und in ihren sich ausbildenden
kirchlichen Territorien fest, schafft freilich kaum neues Recht, sondern bestätigt die
Rechtmäßigkeit vorher vollzogener Veränderungen. Mit diesem staufischen Reichs-
gesetz ist der Endpunkt einer schon seit der Mitte des 12. Jahrhunderts spürbaren
 
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