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Lorke, Ariane; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0314
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VI. 1 Laien

313

Ebenso wie die Vita des Cassinenser Mönches Pandulph, hat auch der Libellus
des Anonymus Haserensis über Agnes die Zeiten nicht überdauert.1512
VI. 1.2 Azzo, miles und Eigenkirchenherr in Mailand
Der Mailänder „miles“ Azzo (auch: Rozo)1513 war Stifter einer der Jungfrau Maria
gewidmeten Eigenkirche, welcher ein simonistisch ins Amt gelangter Priester
vorstand.1514 Nachdem Letztgenannter im Rahmen der antisimonistischen Pre-
digten des Diakons Ariald sein Amt resigniert hatte, übertrug Azzo dem Pata-
renerprediger Ariald wohl Ende 1057 das Nutzungsrecht über die Kirche und
das angrenzende Land.1515 An dieser laikalen Amtsübertragung ohne bischöfli-
che oder päpstliche Zustimmung stießen sich die Patarener offensichtlich nicht.
Im Gegenteil nutzte Ariald diese Gelegenheit zum Aufbau eines spirituellen
Zentrums, ließ er doch mit väterlichem Vermögen neben der Kirche S. Maria eine
Unterkunft errichten und lebte dort zunächst mit drei weiteren Klerikern ein
apostelgleiches Leben. Die Kirche S. Maria fuori Porta Nuova avancierte rasch zu
einem geistlichen Zentrum der Mailänder Pataria, so dass Ariald zum Schutz vor
diesen weltlichen Einflüssen eine bauliche Neuerung einführte: eine den Chor
umschließende Mauer.1516 Nach etwa zehn Jahren1517 vorbildlichen Gemein-
schaftslebens bewirkte die Exkommunikation Erzbischof Widos im Rahmen der
spannungsgeladenen Auseinandersetzungen eine Wendung der Stadtbevölke-
rung gegen die Pataria.1518 So entzog auch Azzo noch vor der Flucht Arialds im
Jahre 1066 der Gemeinschaft das Nutzungsrecht von S. Maria,1519 so dass der
Patarenergemeinschaft ein wichtiger Kommunikationsknotenpunkt verloren
ging-
VI. 1.3 Balduin von Lille, Graf von Flandern
Der um 1012 geborene Balduin1520 trat 1036 die Nachfolge seines gleichnamigen
Vaters1521 als Balduin V, Graf von Flandern, an. Zur Absicherung seiner

1512 Der einzige Hinweis bei Petrus Diaconus, Opusculum, Sp. 1036 sowie Black-Veldtrup, Agnes
1995, S. 338.
1513 Zu ihm vgl. Zumhagen, Konflikte 2002, S. 43; Golinelli, Pataria 1984, S. 42f.; Violante, Laici 1972,
S. 155f., 167; Andrea di Strumi, Vita s. Arialdi llf., S. 1057f.
1514 Vgl. Andrea di Strumi, Vita s. Arialdi 11, S. 1057f.
1515 Ebd. llf., S. 1057, Z. 43 - S. 1058, Z. 13.
1516 Ebd. 12, S. 1058, Z. 13-17. Vgl. Zumhagen, Konflikte 2002, S. 45: Durch den Lettner wurde die
Kirche zwar in verschiedene Bereiche für Laien und Kleriker geteilt, doch sei diese Teilung für
gemeinsames Gebet und das von Lesungen begleitete Essen aufgehoben worden.
1517 Andrea di Strumi, Vita s. Arialdi 12, S. 1058, Z. 10.
1518 S. oben S. 103.
1519 Vgl. H. Keller, Pataria 1973, S. 341.
1520 Zu ihm vgl. George, Reformateur 1999, S. 109f.; Koch, Balduin V. 1980; Boshof, Lothringen 1978,
S. 80-82, 94-104, 118f.; Dumont, Histoire 1977, S. 65-67; Töpfer, Anfänge 1961, S. 885-892.
 
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