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I. Normannische Ausgangslage (bis 1189)
Abb. 2: Einzug Kaiser Heinrichs VI. in Palermo 1194. Miniatur im Liber ad honorem Augusti des Petrus
von Eboli. Voran schreiten durch Turbane kenntlich gemachte muslimische Trompeter.
nigtum ausgetreckt hatten, war ihm erst dank seiner Heirat mit der Norman-
nenprinzessin Konstanze und zwei Eroberungszügen die Übernahme des süd-
lichen Reiches gelungen. Die bisherige Normannendynastie aber hatte sich recht
traditionslos zum Königtum aufgeschwungen und daher viel von den vorge-
fundenen Lebensformen toleriert und von jenseits des Meeres adaptiert. So
wurzelte das sizilische Reich in einer für nordalpine Ankömmlinge exotischen
Welt zwischen lateinisch-christlicher, griechisch-byzantinischer und arabisch-
muslimischer Sphäre.
Zur Eigenart dieses mediterranen Reiches trugen natürlich entscheidend die
Muslime Siziliens bei. Vier Jahrhunderte hatten sie bereits die größte Mittel-
meerinsel besiedelt, als Heinrich VI. dort anlangte. Für sie war er der Fremde,
dessen Ankunft Verunsicherung bedeutete.55 Würde er ihrer Geschichte eine
neue Wendung geben? Würden ihre angestammten Lebensformen nachhaltig in
Frage gestellt? Bislang gingen zahlreiche Forscher von einer epochalen Zäsur
nach 1189 aus.56 Doch was änderte sich tatsächlich, als die Muslime gemeinsam
mit dem sizilischen Reich unter die Herrschaft der Staufer und später der Anjou
gerieten? Für eine fundierte Antwort ist zunächst die Ausgangslage zu bewerten.
Dies wird in einem ersten Kapitel erörtert; dabei genügt eine weitgehende Zu-
sammenschau jüngerer Forschungsergebnisse anhand der Standardwerke der
55 Vgl. unten bei Anm. 284 f.
56 Vgl. beispielsweise Giunta / Rizzitano, Terra senza crociati, S. 87; Norwich, Die Normannen in
Sizilien, S. 324; Ahmad, A History of Islamic Sicily, S. 61, 74; Koller, Toleranz im Königreich
Sizilien, S. 183; Maurici, L'emirato sulle montagne, S. 34 f.; Maurici, Uno stato musulmano,
S. 2651.; Maurici, Breve storia degli Arabi, S. 144; Csendes, Heinrich VE, S. 79; Feniello, Sotto il
segno del leone, S. 235.
I. Normannische Ausgangslage (bis 1189)
Abb. 2: Einzug Kaiser Heinrichs VI. in Palermo 1194. Miniatur im Liber ad honorem Augusti des Petrus
von Eboli. Voran schreiten durch Turbane kenntlich gemachte muslimische Trompeter.
nigtum ausgetreckt hatten, war ihm erst dank seiner Heirat mit der Norman-
nenprinzessin Konstanze und zwei Eroberungszügen die Übernahme des süd-
lichen Reiches gelungen. Die bisherige Normannendynastie aber hatte sich recht
traditionslos zum Königtum aufgeschwungen und daher viel von den vorge-
fundenen Lebensformen toleriert und von jenseits des Meeres adaptiert. So
wurzelte das sizilische Reich in einer für nordalpine Ankömmlinge exotischen
Welt zwischen lateinisch-christlicher, griechisch-byzantinischer und arabisch-
muslimischer Sphäre.
Zur Eigenart dieses mediterranen Reiches trugen natürlich entscheidend die
Muslime Siziliens bei. Vier Jahrhunderte hatten sie bereits die größte Mittel-
meerinsel besiedelt, als Heinrich VI. dort anlangte. Für sie war er der Fremde,
dessen Ankunft Verunsicherung bedeutete.55 Würde er ihrer Geschichte eine
neue Wendung geben? Würden ihre angestammten Lebensformen nachhaltig in
Frage gestellt? Bislang gingen zahlreiche Forscher von einer epochalen Zäsur
nach 1189 aus.56 Doch was änderte sich tatsächlich, als die Muslime gemeinsam
mit dem sizilischen Reich unter die Herrschaft der Staufer und später der Anjou
gerieten? Für eine fundierte Antwort ist zunächst die Ausgangslage zu bewerten.
Dies wird in einem ersten Kapitel erörtert; dabei genügt eine weitgehende Zu-
sammenschau jüngerer Forschungsergebnisse anhand der Standardwerke der
55 Vgl. unten bei Anm. 284 f.
56 Vgl. beispielsweise Giunta / Rizzitano, Terra senza crociati, S. 87; Norwich, Die Normannen in
Sizilien, S. 324; Ahmad, A History of Islamic Sicily, S. 61, 74; Koller, Toleranz im Königreich
Sizilien, S. 183; Maurici, L'emirato sulle montagne, S. 34 f.; Maurici, Uno stato musulmano,
S. 2651.; Maurici, Breve storia degli Arabi, S. 144; Csendes, Heinrich VE, S. 79; Feniello, Sotto il
segno del leone, S. 235.