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Engl, Richard; Universität Trier [Mitarb.]; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die verdrängte Kultur: Muslime im Süditalien der Staufer und Anjou (12.-13. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 59: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61500#0206

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2. Die Muslime als Zünglein an der Waage unter Manfred

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dersartigkeit zusätzlich zum Außenseiter: Dunkle Hautfarbe galt einer Gesell-
schaft, die milchweißen Teint als Schönheitsideal favorisierte,965 leicht als häss-
lich, was für Johannes Morus auch explizit formuliert wurde.966 Insgesamt war
der Herr der Muslime also eine ideale Zielscheibe für Animositäten, die im
Grunde vor allem gegen das Herrschaftssystem Konrads IV. gerichtet waren. So
wird das düstere Image des ,Mohren' erklärbar, das den soeben angestellten
Überlegungen zufolge nicht die Realität widergespiegelt haben dürfte.
Der Preis des Erfolges gegenüber den Päpstlichen waren also Diskreditie-
rungen, Bannung und Aberkennung von Herrschaftsrechten. Doch blieben die
päpstlichen Maßnahmen zahnlos: Johannes Morus und die Stadt der Muslime
hatten als Unterstützer Konrads IV. an Bedeutung gewonnen.
2. Die Muslime als Zünglein an der Waage unter Manfred
als umstrittenem Aufsteiger
In dieser Situation ereignete sich ein weiterer Todesfall, der für das Schicksal des
,Mohren' wie der süditalienischen Muslime entscheidend werden sollte: Mitte
1254 starb Konrad IV. im Alter von nur 26 Jahren.967 Für die Gefolgsleute des
Staufers war eine bedrohliche Entwicklung eingetreten: Von den einst so zahl-
reichen Erben Friedrichs II. waren in kurzer Zeit nur mehr der illegitim geborene
Manfred und der gerade erst zur Welt gekommene Sohn Konrads IV, genannt
Konradin, verblieben. So war das Schicksal von Konrads IV. Erbe unsicher:
Neben dem Papsttum konkurrierten mm auch die Staufer untereinander um das
sizilische Reich. Nach Konrads Testament sollte die Herrschaft seinem Sohn
Konradin zufallen, der soeben im fernen Deutschland zur Welt gekommen war;
bis er im Süden eintreffen konnte, sollte Markgraf Berthold von Hohenburg die
Regentschaft führen, ein unter Friedrich II. nach Süditalien gekommener

965 Vgl. beispielsweise Bumke, Höfische Kultur, S. 423 f., 451 f.
966 Vgl. zu lohannes Morus,Nicolaus de Jamsilla', Historia de rebus gestis Friderici II., ed. Muratori,
Sp. 522, übers, in Storia di Niccolö Jamsilla, ed. del Re, S. 134: ... Imperator ... paedictum Joannem,
licet aspectu deformem & ex Ancilla natum, Camerae suae Custodem & Secretorum Aulae participem &
.... suorum Praepositum fecerat; als allgemeine zeitgenössische Äußerung Saba Malaspina,
Chronik, ed. Koller / Nitschke, lib. II, cap. 6, S. 134, wo anlässlich der Schenkung von 100
schwarzen Sklaven im Jahr 1262 gerade aus dem Zugeständnis centum sclavis in sue naturalis
nigredinis deformitate formosis das übliche Vorurteil hervorgeht; vorsichtiger Houben, La Ruota
della fortuna, S. 16, der unter Verweis auf eine mögliche Porträtskulptur des Johannes Morus
eine Narbe in dessen Gesicht erwägt; vgl. auch Taylor, Muslims in Medieval Italy, S. 128; da der in
Lucera gefundene skulptierte Afrikanerkopf jedoch keinerlei Verweis auf Johannes trägt und
damalige Kirnst bekanntlich kaum Porträtähnlichkeit erstrebte, erscheint mir die Identifikation
zu gewagt.
967 Vgl. zum Folgenden RI V,l,2, 4632, 4632a; Baaken, Corrado IV, S. 394; Baaken, Ius imperii ad
regnum, S. 376-379; Koller, Manfred von Sizilien, S. 15; Thumser, Manfred und das Papsttum,
S. 95 f.
 
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