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IV. Spätstaufische Nachfolgekonflikte (1250-1266)
mächtiger Baron und wichtiger Getreuer Konrads IV.968 Der sterbende König zog
diesen also dem eigenen Halbbruder Manfred vor. Zugrunde lag, dass das
brüderliche Verhältnis schon in den beiden vorhergehenden Jahren zunehmend
schlechter geworden war: Konrad IV. hatte nach seinem Eintreffen im Süden
Manfred - wohl als potenziellen Herrschaftskonkurrenten mit zu einflussreicher
italienischer Verwandtschaft - zunehmend ins Abseits gerückt.969
So war der Konflikt zwischen dem nachgeordneten Staufer und den Ver-
tretern Konradins vorprogrammiert. Und tatsächlich verdrängte Manfred schon
wenige Monate nach Konrads Tod Berthold aus der Regentschaft;970 doch behielt
dieser die herrschaftswichtigen Schätze Friedrichs II. und Konrads IV. ein,971 so
dass Manfreds Handlungsspielraum schmerzlich begrenzt blieb; sein späterer
Erfolg war noch keineswegs absehbar. Berthold ließ die königlichen Kammern in
Lucera lagern, was zeigt, dass auch Johannes Morus, der dort gebot, in besserem
Verhältnis zu Berthold als zu Manfred stand.972 So führte der Tod des Staufer-
königs 1254 zu einer Spaltung im sizilischen Reich, dessen umstrittener Erbe fern
und dessen Große uneins waren. Eine solche Herrschaftskrise aber stellte für die
Muslime erfahrungsgemäß eine Bedrohung und mögliche Chance zugleich dar.
Zunächst sah Papst Innozenz IV. die Gelegenheit gekommen, endlich den
päpstlichen Verfügungsanspruch über das südliche Lehensreich durchzusetzen.
Im Spätsommer 1254 sammelte der Pontifex ein Heer und ließ es - sozusagen als
lachender Dritter des Nachfolgestreits - in Süditalien einmarschieren.973 Der
neue Regent Manfred, dessen militärische und finanzielle Mittel zum Wider-
stand nicht ausreichten, sah sich zum Einlenken gezwungen: Höchstpersönlich
musste er am 11. Oktober 1254 den hoch zu Ross sitzenden Papst ins Königreich
führen und ihn qua Treueeid als Herren anerkennen.
Das erste Mal seit fast einem halben Jahrhundert setzte ein Papst seinen Fuß
ins Königreich Sizilien. 1208 war Innozenz III. ins grenznahe San Germano ge-
kommen, doch nur für einige Tage, um als Vormund des jungen Friedrich II. die
sizilischen Verhältnisse zu ordnen;974 Innozenz IV. hingegen verweilte nun zur
968 Zu ihm Walter, Bertoldo di Hohenburg; Kamp, Die deutsche Präsenz im Königreich, S. 177-179.
969 Er hatte ihm nur einen Teil des zugedachten Erbes belassen und stattdessen Berthold von Ho-
henburg favorisiert; vgl. Baaken, Corrado IV, S. 393; Koller, Manfredi, S. 634; zur Chronologie
vgL die Überlegungen in Müller, Das Königreich Sizilien, S. 298-309.
970 Vgl. IRM 66; vgl. Thumser, Manfred und das Papsttum, S. 96, demzufolge es Manfred „in einer
Art Staatsstreich" gelang, „Markgraf Berthold von Hohenburg die Regentschaft im Königreich
zu entreißen"; Koller, Manfred von Sizilien, S. 15; Berthold und Manfred agierten also wohl
kaum so konziliant, wie der wichtigste Zeuge jener Jahre, ,Nicolaus de Jamsilla', Historia de
rebus gestis Friderici II., ed. Muratori, Sp. 507-510, übers, in Storia di Niccolö Jamsilla, ed. del Re,
S. 118-122, glauben machen will; zu dessen Tendenz Thumser, Der König und sein Chronist.
971 Vgl.,Nicolaus de Jamsilla', Historia de rebus gestis Friderici II., ed. Muratori, Sp. 511, übers, in
Storia di Niccolö Jamsilla, ed. del Re, S. 122.
972 Vgl. oben Anm. 927; zudem Annales Piacentini Gibellini, ed. Pertz, S. 507: lohannes de Moro
Saracenus erat cum marchione de Hesburg in Nuceria; obediebant pape ...
973 Vgl. zum Folgenden IRM 72; Baaken, Ius imperii ad regnum, S. 380; Thumser, Manfred und das
Papsttum, S. 96 f.
974 Vgl. RI V,2,3, 6019c-6020a, vom 23. bis 26. Juli 1208; dazu oben in Kapitel II.3.
IV. Spätstaufische Nachfolgekonflikte (1250-1266)
mächtiger Baron und wichtiger Getreuer Konrads IV.968 Der sterbende König zog
diesen also dem eigenen Halbbruder Manfred vor. Zugrunde lag, dass das
brüderliche Verhältnis schon in den beiden vorhergehenden Jahren zunehmend
schlechter geworden war: Konrad IV. hatte nach seinem Eintreffen im Süden
Manfred - wohl als potenziellen Herrschaftskonkurrenten mit zu einflussreicher
italienischer Verwandtschaft - zunehmend ins Abseits gerückt.969
So war der Konflikt zwischen dem nachgeordneten Staufer und den Ver-
tretern Konradins vorprogrammiert. Und tatsächlich verdrängte Manfred schon
wenige Monate nach Konrads Tod Berthold aus der Regentschaft;970 doch behielt
dieser die herrschaftswichtigen Schätze Friedrichs II. und Konrads IV. ein,971 so
dass Manfreds Handlungsspielraum schmerzlich begrenzt blieb; sein späterer
Erfolg war noch keineswegs absehbar. Berthold ließ die königlichen Kammern in
Lucera lagern, was zeigt, dass auch Johannes Morus, der dort gebot, in besserem
Verhältnis zu Berthold als zu Manfred stand.972 So führte der Tod des Staufer-
königs 1254 zu einer Spaltung im sizilischen Reich, dessen umstrittener Erbe fern
und dessen Große uneins waren. Eine solche Herrschaftskrise aber stellte für die
Muslime erfahrungsgemäß eine Bedrohung und mögliche Chance zugleich dar.
Zunächst sah Papst Innozenz IV. die Gelegenheit gekommen, endlich den
päpstlichen Verfügungsanspruch über das südliche Lehensreich durchzusetzen.
Im Spätsommer 1254 sammelte der Pontifex ein Heer und ließ es - sozusagen als
lachender Dritter des Nachfolgestreits - in Süditalien einmarschieren.973 Der
neue Regent Manfred, dessen militärische und finanzielle Mittel zum Wider-
stand nicht ausreichten, sah sich zum Einlenken gezwungen: Höchstpersönlich
musste er am 11. Oktober 1254 den hoch zu Ross sitzenden Papst ins Königreich
führen und ihn qua Treueeid als Herren anerkennen.
Das erste Mal seit fast einem halben Jahrhundert setzte ein Papst seinen Fuß
ins Königreich Sizilien. 1208 war Innozenz III. ins grenznahe San Germano ge-
kommen, doch nur für einige Tage, um als Vormund des jungen Friedrich II. die
sizilischen Verhältnisse zu ordnen;974 Innozenz IV. hingegen verweilte nun zur
968 Zu ihm Walter, Bertoldo di Hohenburg; Kamp, Die deutsche Präsenz im Königreich, S. 177-179.
969 Er hatte ihm nur einen Teil des zugedachten Erbes belassen und stattdessen Berthold von Ho-
henburg favorisiert; vgl. Baaken, Corrado IV, S. 393; Koller, Manfredi, S. 634; zur Chronologie
vgL die Überlegungen in Müller, Das Königreich Sizilien, S. 298-309.
970 Vgl. IRM 66; vgl. Thumser, Manfred und das Papsttum, S. 96, demzufolge es Manfred „in einer
Art Staatsstreich" gelang, „Markgraf Berthold von Hohenburg die Regentschaft im Königreich
zu entreißen"; Koller, Manfred von Sizilien, S. 15; Berthold und Manfred agierten also wohl
kaum so konziliant, wie der wichtigste Zeuge jener Jahre, ,Nicolaus de Jamsilla', Historia de
rebus gestis Friderici II., ed. Muratori, Sp. 507-510, übers, in Storia di Niccolö Jamsilla, ed. del Re,
S. 118-122, glauben machen will; zu dessen Tendenz Thumser, Der König und sein Chronist.
971 Vgl.,Nicolaus de Jamsilla', Historia de rebus gestis Friderici II., ed. Muratori, Sp. 511, übers, in
Storia di Niccolö Jamsilla, ed. del Re, S. 122.
972 Vgl. oben Anm. 927; zudem Annales Piacentini Gibellini, ed. Pertz, S. 507: lohannes de Moro
Saracenus erat cum marchione de Hesburg in Nuceria; obediebant pape ...
973 Vgl. zum Folgenden IRM 72; Baaken, Ius imperii ad regnum, S. 380; Thumser, Manfred und das
Papsttum, S. 96 f.
974 Vgl. RI V,2,3, 6019c-6020a, vom 23. bis 26. Juli 1208; dazu oben in Kapitel II.3.