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Engl, Richard; Universität Trier [Mitarb.]; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die verdrängte Kultur: Muslime im Süditalien der Staufer und Anjou (12.-13. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 59: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61500#0094

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4. Das Emirat auf den Bergen unter König Friedrich

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4. Das Emirat auf den Bergen unter König Friedrichs
selbstständiger Herrschaft
Dies war der Zustand, in dem der Staufer- und Normannensohn Friedrich sein
sizilisches Reich vorfand, als er am 26. Dezember 1208 der Vormundschaft des
Papstes entwuchs.370 Eine gewaltige Aufgabe lag vor ihm: Das Königtum war
eines erheblichen Teils seiner Einkünfte beraubt; Adelige des Festlands und der
Insel, oberitalienische Seestädte und nicht zuletzt die Muslime selbst hatten sich
auf Sizilien Herrschaftsrechte und Freiheiten in einem Ausmaß angeeignet, wie
es zur Zeit der Normannenkönige unvorstellbar gewesen wäre. Doch war dem
Vierzehnjährigen, der nun endlich frei und selbst entscheiden durfte, der Eintritt
in das volle Erbe seiner Vorfahren Wunsch und Verpflichtung zugleich; darauf
deuten all seine folgenden Anstrengungen hin.
Gegen den Widerstand vieler Adeliger begann Friedrich also mit der Re-
kuperation königlicher Besitztümer und Einkünfte. Doch auch wenn er 1209
erste Revolten dagegen mit Glück zu ersticken vermochte, blieben seine
Machtbasis bescheiden und sein Königtum gefährdet. Auf welche Personen-
gruppen sollte der Jugendliche setzen? Jene, die unrechtmäßig erlangte Zuge-
winne zurückgeben mussten, agierten selbstverständlich mehr oder minder
offen gegen ihn. Seine natürlichen Verbündeten fand der junge König hingegen
unter den Geschädigten der vergangenen Jahre. In Westsizilien zählte dazu an
erster Stelle - wenig überraschend - der Erzbischof von Monreale. Ihn ver-
pflichtete Friedrich sich im Januar und April 1211 durch die Gewährung zweier
Privilegien.371 Schon die erste Urkunde dokumentiert das Nahverhältnis zwi-
schen König und Prälat: Angesichts der „reinen Treue und der zahlreichen
Dienste" des Erzbischofs beabsichtigte Friedrich, die Kirche von Monreale zu
schützen.372 Dazu erteilte er Erzbischof Carus die Befugnis, seine „sarazenischen
Hörigen und deren Gut zu ergreifen", wo auch immer sie zu finden seien, „sei es
in Palermo oder anderswo"; zu oft schon habe Friedrich die Muslime in ganz
Sizilien angewiesen, sofort „der Kirche von Monreale zu zahlen und zu dienen,
wozu sie gehalten [seien] und wie sie es zur Zeit [seiner] Vorfahren gewohnt
waren", doch hätten jene „wie Untreue und Ungehorsame" den königlichen
Befehl für nichts erachtet.373 Bereits aus diesem Privileg geht hervor, dass

370 VgL zum Folgenden Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 114-121; Görich, Die Staufer, S. 89 f.; Houben,
Kaiser Friedrich II., S. 30 f., der übrigens richtigstellt, dass Friedrich 1208 nicht die Volljährigkeit
erreichte, sondern die „eingeschränkt rechtsfähige Minderjährigkeit".
371 VgL MGH DD F II, ed. Kochu. a., Bd. 1,141, S. 273 f., vom 15. Januar 1211, und ebd., 144, S. 278-
280, vom April 1211.
372 Vgl. MGH DD F II, ed. Koch u. a., Bd. 1,141, S. 273 f.:... iura tarnen Montis Regalis ecclesie quadam
spetialitate tueri volumus et inviolabiliter observare, respectum habentes adfidei puritatem et plurima
grata servitia, que Carus ipsius ecclesie Montis Regalis archiescopus, dilectus fidelis noster, maiestati
nostre et progenitorum nostrorum semper devotus exhibuit et exhibet incessanter.
373 MGH DD F II, ed. Koch u. a., Bd. 1,141, S. 273f.: ... Inde est, quod, cum sepe sepius sarracenis lati,
Celsis et aliis universis per Siciliam, qui de iurisdictione ipsius ecclesieMontis Regalis esse noscuntur, per
litteras nostras dederimus in mandatis, ut omni mora vel occasione postposita ipsiMontis Regalis ecclesie,
 
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