2. Überraschende Konvivenz unter Heinrich VI. und Konstanze
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nische unter deutschen Getreuen,288 allerdings wohl weniger aus Abneigung
gegen Muslime als aus Sorge vor potenziell rebellischen alten Eliten: Man be-
achte, dass griechische Christen noch stärker von der Umstrukturierung be-
troffen waren, und dass der Staufer auch die verbliebenen lateinadeligen Ver-
wandten und Getreuen Tankreds kurz nach seinem Regierungsantritt mit wohl
landesüblicher Härte ausschaltete.289
Über das Schicksal der Muslime in der weiteren Regierungszeit Heinrichs VI.
schwieg die bisherige wissenschaftliche Literatur, dabei herrschte alles andere
als beschauliche Gleichförmigkeit: Als 1197 nochmals Widerstand gegen den
Staufer aufflammte, wurden ein zweites Mal nach 1189 sizilische Muslime po-
litisch aktiv. Die Zuspitzung begann, nachdem Heinrich VI. 1196 ins Königreich
zurückkehrte, das er bereits kurz nach seinem Herrschaftsantritt 1195 unter der
Regentschaft seiner Frau zurückgelassen hatte. Eine Adelsopposition rebellierte
gegen den noch wenig im Land verwurzelten Staufer und wollte ihn sogar er-
morden lassen;290 auch Konstanze wurde eine Beteiligung nachgesagt, worüber
Historiker allerdings bisher uneins waren.291
In diese brisanten Vorgänge um die kaiserlichen Eheleute waren Siziliens
Muslime verwickelt. Davon gibt eine Quellenpassage Zeugnis, die von der
diesbezüglichen Forschung erstaunlicherweise noch nie beachtet wurde,292 je-
doch neues Licht auf die Geschichte des Kaiserpaares wie der sizilischen Mus-
lime im Jahr 1197 wirft: die Chronik aus dem nordwestkampanischen Zisterzi-
enserkloster Santa Maria di Ferraria,293 deren anderweitiger Bericht zum fragli-
chen Zeitraum unlängst als gut informiert eingestuft wurde.294 Dieses interes-
sante Zeugnis erwähnt zu 1197 tatsächlich einen offenen Konflikt zwischen
Heinrich und Konstanze, doch erst infolge der Härte des Kaisers gegenüber den
Verschwörern.295 Konstanze verurteilte das Vorgehen ihres Mannes, es kam zum
Eklat, Heinrich konnte gerüchtehalber gerade noch daran gehindert werden,
seine Frau mit dem Schwert zu Tode zu bringen. Die Sizilianer sollen sich dar-
288 Vgl. Jamil / Johns, A New Latin-Arabic Document, S. 136-138.
289 Vgl. Csendes, Heinrich VI., S. 154-158; Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 51 f.; Broekmann, Rigor
iustitiae, S. 2441.; Althoff, Kaiser Heinrich VI., S. 152.
290 Vgl. beispielsweise Csendes, Heinrich VI., S. 186-191; Görich, Die Staufer, S. 77.
291 Dazu insbes. Kölzer, Urkunden und Kanzlei der Kaiserin, S. 19 f.; Kölzer, Kaiserin Konstanze,
S. 69; Weller, Konstanze von Sizilien, S. 224; entgegen Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 64; Jericke,
Kaiser Heinrich VI., S. 117.
292 Dies wohl aufgrund ihres entlegenen Publikationsorts sowie ihres Erscheinens nach dem ent-
sprechenden Jahrbuch deutscher Geschichte', Toeche, Kaiser Heinrich VI.; dazu Pokorny,
Kreuzzugsprojekt und Kaisersturz, S. 73.
293 Ignoti monachi cisterciensis S. Mariae de Ferraria Chronica, ed. Gaudenzi; das Kloster lag nahe
Vairano Patenora in der heutigen Provinz Caserta; zu ihm insbes. Cuozzo, I cistercensi nella
Campania medioevale, S. 270-284.
294 Vgl. Pokorny, Kreuzzugsprojekt und Kaisersturz, S. 74 f.; und schon Schmeidler, Über die Quellen,
S. 51-53; hinsichtlich Markwards von Annweiler Houben, Markward von Annweiler, S. 71 (für
den Hinweis danke ich dem Autor herzlich); hinsichtlich Friedrichs II. beispielsweise Sommer-
lechner, Stupor mundi?, Nr. 93, S. 532.
295 Zum Folgenden Ignoti monachi cisterciensis S. Mariae de Ferraria Chronica, ed. Gaudenzi, S. 32,
zu 1197.
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nische unter deutschen Getreuen,288 allerdings wohl weniger aus Abneigung
gegen Muslime als aus Sorge vor potenziell rebellischen alten Eliten: Man be-
achte, dass griechische Christen noch stärker von der Umstrukturierung be-
troffen waren, und dass der Staufer auch die verbliebenen lateinadeligen Ver-
wandten und Getreuen Tankreds kurz nach seinem Regierungsantritt mit wohl
landesüblicher Härte ausschaltete.289
Über das Schicksal der Muslime in der weiteren Regierungszeit Heinrichs VI.
schwieg die bisherige wissenschaftliche Literatur, dabei herrschte alles andere
als beschauliche Gleichförmigkeit: Als 1197 nochmals Widerstand gegen den
Staufer aufflammte, wurden ein zweites Mal nach 1189 sizilische Muslime po-
litisch aktiv. Die Zuspitzung begann, nachdem Heinrich VI. 1196 ins Königreich
zurückkehrte, das er bereits kurz nach seinem Herrschaftsantritt 1195 unter der
Regentschaft seiner Frau zurückgelassen hatte. Eine Adelsopposition rebellierte
gegen den noch wenig im Land verwurzelten Staufer und wollte ihn sogar er-
morden lassen;290 auch Konstanze wurde eine Beteiligung nachgesagt, worüber
Historiker allerdings bisher uneins waren.291
In diese brisanten Vorgänge um die kaiserlichen Eheleute waren Siziliens
Muslime verwickelt. Davon gibt eine Quellenpassage Zeugnis, die von der
diesbezüglichen Forschung erstaunlicherweise noch nie beachtet wurde,292 je-
doch neues Licht auf die Geschichte des Kaiserpaares wie der sizilischen Mus-
lime im Jahr 1197 wirft: die Chronik aus dem nordwestkampanischen Zisterzi-
enserkloster Santa Maria di Ferraria,293 deren anderweitiger Bericht zum fragli-
chen Zeitraum unlängst als gut informiert eingestuft wurde.294 Dieses interes-
sante Zeugnis erwähnt zu 1197 tatsächlich einen offenen Konflikt zwischen
Heinrich und Konstanze, doch erst infolge der Härte des Kaisers gegenüber den
Verschwörern.295 Konstanze verurteilte das Vorgehen ihres Mannes, es kam zum
Eklat, Heinrich konnte gerüchtehalber gerade noch daran gehindert werden,
seine Frau mit dem Schwert zu Tode zu bringen. Die Sizilianer sollen sich dar-
288 Vgl. Jamil / Johns, A New Latin-Arabic Document, S. 136-138.
289 Vgl. Csendes, Heinrich VI., S. 154-158; Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 51 f.; Broekmann, Rigor
iustitiae, S. 2441.; Althoff, Kaiser Heinrich VI., S. 152.
290 Vgl. beispielsweise Csendes, Heinrich VI., S. 186-191; Görich, Die Staufer, S. 77.
291 Dazu insbes. Kölzer, Urkunden und Kanzlei der Kaiserin, S. 19 f.; Kölzer, Kaiserin Konstanze,
S. 69; Weller, Konstanze von Sizilien, S. 224; entgegen Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 64; Jericke,
Kaiser Heinrich VI., S. 117.
292 Dies wohl aufgrund ihres entlegenen Publikationsorts sowie ihres Erscheinens nach dem ent-
sprechenden Jahrbuch deutscher Geschichte', Toeche, Kaiser Heinrich VI.; dazu Pokorny,
Kreuzzugsprojekt und Kaisersturz, S. 73.
293 Ignoti monachi cisterciensis S. Mariae de Ferraria Chronica, ed. Gaudenzi; das Kloster lag nahe
Vairano Patenora in der heutigen Provinz Caserta; zu ihm insbes. Cuozzo, I cistercensi nella
Campania medioevale, S. 270-284.
294 Vgl. Pokorny, Kreuzzugsprojekt und Kaisersturz, S. 74 f.; und schon Schmeidler, Über die Quellen,
S. 51-53; hinsichtlich Markwards von Annweiler Houben, Markward von Annweiler, S. 71 (für
den Hinweis danke ich dem Autor herzlich); hinsichtlich Friedrichs II. beispielsweise Sommer-
lechner, Stupor mundi?, Nr. 93, S. 532.
295 Zum Folgenden Ignoti monachi cisterciensis S. Mariae de Ferraria Chronica, ed. Gaudenzi, S. 32,
zu 1197.