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IV. Spätstaufische Nachfolgekonflikte (1250-1266)
luste auf die muslimischen Fußtruppen entfiel,1180 wohl mehr aufgrund ihrer
leichten Verteidigungsbewaffnung als wegen besonderen Hasses der Gegner auf
die Nicht Christen.
War für Manfreds fatale Niederlage die anfängliche Disziplinlosigkeit der
muslimischen Bogenschützen mitverantwortlich? Der Militärhistoriker Charles
Oman unterstellte dies, da der übereilte Angriff Manfreds hintere Schlachtrei-
hen, die erst noch die Brücke über den Calore hätten queren müssen, am recht-
zeitigen Eingreifen gehindert habe.1181 Doch belegen die zeitgenössischen Be-
richte eindeutig, dass Manfred seine Gegner bereits kampffertig mit seinem
gesamten Heer nördlich des Calore erwartete.1182 Überhaupt war ein Vorstürmen
ohne Befehl ein typisches Verhalten in mittelalterlichen Schlachten und somit
schwerlich Ausweis besonderer muslimischer Wildheit: Auch christliche
Kämpfer versuchten auf diese Weise durch öffentlichkeitswirksame Kriegstaten
Ehre zu gewinnen.1183 Zurückzuweisen ist auch die sporadisch behauptete völ-
lige Bedeutungslosigkeit des Fußkampfes in der Schlacht von Benevent:1184 Im-
merhin dürfte - bei aller Dramatisierung Saba Malaspinas - die Initiative der
muslimischen Bogenschützen Manfreds erstem Reitertreffen die Oberhand ge-
sichert haben.
So zeigt die Analyse der beiden Entscheidungsgefechte insgesamt, dass die
muslimischen Truppen Manfred nochmals treue und wertvolle Unterstützung
geleistet hatten. Doch unterlag der süditalienische Stauferkönig seinem angio-
vinischen Widersacher trotz Beherrschung weit ressourcenreicherer Länder. In
nur einem Nachmittag verloren Manfred Reich und Leben, die Muslime eine
Dynastie, die ihre Prosperität auf dem süditalienischen Festland jahrzehntelang
garantiert hatte.
1180 Vgl. Annales Piacentini Gibellini, ed. Pertz, S. 515; Saba Malaspina, Chronik, ed. Koller /
Nitschke, lib. III, cap. 10, S. 171; dazu oben bei Anm. 1168.
1181 Vgl. Oman, A History of the Art of War, Bd. 1, S. 504 f.; die Notwendigkeit, den Calore zu queren,
kolportierte jüngst wieder Grillo, L'aquila e il giglio, S. 85, 87f., der dementsprechend den
taktischen Sinn der muslimischen Attacke bezweifelte.
1182 Vgl. oben bei Anm. 1156 f.
1183 Vgl. beispielweise Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 33 f., 85 f.; sowie künftig die
Münchner Dissertation von Fabian Fellersmann, dem ich für Einblicke in eine Arbeitsfassung
herzlich danke.
1184 So aber Oman, A History of the Art of War, Bd. 1, S. 501; überhaupt für unwahrscheinlich hielt das
Stattfinden eines gesonderten Fußkampfes vor dem Reitergefecht Pieri, I Saraceni di Lucera,
S. 99 f.; er nahm vielmehr eine unterstützende Funktion der muslimischen Bogenschützen an der
Seite der deutschen Ritter an, denen sie gleich Knappen Rückhalt gegeben hätten; doch setzte
Pieri sich damit völlig über die oben in Anm. 1160 und 1162-1168 zitierten Quellen hinweg, von
denen zwei unabhängige das eigenständige Operieren der muslimischen Fußsoldaten betonen;
anders schon Houben, Möglichkeiten und Grenzen religiöser Toleranz, S. 191: „In der Schlacht
von Benevent (1266) waren die muslimischen Bogenschützen neben den deutschen Rittern die
wichtigste Stütze König Manfreds".
IV. Spätstaufische Nachfolgekonflikte (1250-1266)
luste auf die muslimischen Fußtruppen entfiel,1180 wohl mehr aufgrund ihrer
leichten Verteidigungsbewaffnung als wegen besonderen Hasses der Gegner auf
die Nicht Christen.
War für Manfreds fatale Niederlage die anfängliche Disziplinlosigkeit der
muslimischen Bogenschützen mitverantwortlich? Der Militärhistoriker Charles
Oman unterstellte dies, da der übereilte Angriff Manfreds hintere Schlachtrei-
hen, die erst noch die Brücke über den Calore hätten queren müssen, am recht-
zeitigen Eingreifen gehindert habe.1181 Doch belegen die zeitgenössischen Be-
richte eindeutig, dass Manfred seine Gegner bereits kampffertig mit seinem
gesamten Heer nördlich des Calore erwartete.1182 Überhaupt war ein Vorstürmen
ohne Befehl ein typisches Verhalten in mittelalterlichen Schlachten und somit
schwerlich Ausweis besonderer muslimischer Wildheit: Auch christliche
Kämpfer versuchten auf diese Weise durch öffentlichkeitswirksame Kriegstaten
Ehre zu gewinnen.1183 Zurückzuweisen ist auch die sporadisch behauptete völ-
lige Bedeutungslosigkeit des Fußkampfes in der Schlacht von Benevent:1184 Im-
merhin dürfte - bei aller Dramatisierung Saba Malaspinas - die Initiative der
muslimischen Bogenschützen Manfreds erstem Reitertreffen die Oberhand ge-
sichert haben.
So zeigt die Analyse der beiden Entscheidungsgefechte insgesamt, dass die
muslimischen Truppen Manfred nochmals treue und wertvolle Unterstützung
geleistet hatten. Doch unterlag der süditalienische Stauferkönig seinem angio-
vinischen Widersacher trotz Beherrschung weit ressourcenreicherer Länder. In
nur einem Nachmittag verloren Manfred Reich und Leben, die Muslime eine
Dynastie, die ihre Prosperität auf dem süditalienischen Festland jahrzehntelang
garantiert hatte.
1180 Vgl. Annales Piacentini Gibellini, ed. Pertz, S. 515; Saba Malaspina, Chronik, ed. Koller /
Nitschke, lib. III, cap. 10, S. 171; dazu oben bei Anm. 1168.
1181 Vgl. Oman, A History of the Art of War, Bd. 1, S. 504 f.; die Notwendigkeit, den Calore zu queren,
kolportierte jüngst wieder Grillo, L'aquila e il giglio, S. 85, 87f., der dementsprechend den
taktischen Sinn der muslimischen Attacke bezweifelte.
1182 Vgl. oben bei Anm. 1156 f.
1183 Vgl. beispielweise Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 33 f., 85 f.; sowie künftig die
Münchner Dissertation von Fabian Fellersmann, dem ich für Einblicke in eine Arbeitsfassung
herzlich danke.
1184 So aber Oman, A History of the Art of War, Bd. 1, S. 501; überhaupt für unwahrscheinlich hielt das
Stattfinden eines gesonderten Fußkampfes vor dem Reitergefecht Pieri, I Saraceni di Lucera,
S. 99 f.; er nahm vielmehr eine unterstützende Funktion der muslimischen Bogenschützen an der
Seite der deutschen Ritter an, denen sie gleich Knappen Rückhalt gegeben hätten; doch setzte
Pieri sich damit völlig über die oben in Anm. 1160 und 1162-1168 zitierten Quellen hinweg, von
denen zwei unabhängige das eigenständige Operieren der muslimischen Fußsoldaten betonen;
anders schon Houben, Möglichkeiten und Grenzen religiöser Toleranz, S. 191: „In der Schlacht
von Benevent (1266) waren die muslimischen Bogenschützen neben den deutschen Rittern die
wichtigste Stütze König Manfreds".