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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 11.1912

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Nr. 3
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Behrendt, Walter Curt: Julius Habicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.48361#0153

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JULIUS HABICHT
Von DR. W. C. BEHRENDT, Berlin

Der Architekt, der im Dienste einer öffentlichen
Behörde seinen Beruf als Beamter auszuüben
hat, bedarf, neben der rein fachlichen Befähigung,
noch einer Reihe besonderer Talente, die mit dem
spezifisch Künstlerischen nur wenig zu tun haben,
ja recht eigentlich ihm widersprechen, die jedoch
stets da, wo es sich zum guten Teil um geschäft-
liche und verwaltungstechnische Aufgaben handelt,
unentbehrlich scheinen müssen. Die Erfüllung
solcher vielseitiger Pflichten setzt Eigenschaften
voraus, die, in ihrer strikten Gegensätzlichkeit selten
in einer Persönlichkeit vereinigt sind; und daran
mag es liegen, dass schöpferisch geniale Baubeamte
zu allen Zeiten rar gewesen sind. Den verschlunge-
nen Knäuel der Probleme zu entwirren, die die
Aufgaben der Verwaltung mit sich bringen, werden
leidenschaftliche Temperamente und individuelle
Künstlernaturen nicht willens sein. Doch ist an-
dererseits auch die Neigung zu gewagten Versuchen
und die Lust zu experimentieren bei den bau-
künstlerischen Aufgaben der Behörden nicht am
Platze, weil das offizielle Prestige hier das Aus-
geglichene, das Beruhigte, das akademisch Fertige
verlangen muss. Darum braucht es aber nicht gleich
auch das ewig Gestrige zu sein. Die Anlehnungan die
überkommene Formensprache, die der preussische
Minister der öffentlichen Arbeiten jüngst erst wieder
als Parole für die staatliche Architektur ausgege-
ben hat, wird stets da zu lebendigen Resultaten
führen, wo die überlieferte Form dem Geist der
modernen Aufgabe angepasst und damit mit neuem
Sinn erfüllt wird. V
V Was ein Baubeamter, der mit starkem Gefühl
die künstlerischen Zeitprobleme erfasst hat und in
und mit ihnen lebt, im Umkreis seiner Wirksamkeit
zu leisten vermag, hat der Regierungs- und Baurat
Julius Habicht, der Leiter der Reichsbankbaubüros
bewiesen. Deutschlands staatliche Architektur hat
kaum bessere Leistungen aufzuzeigen, als die in den
letzten Jahren von Habicht errichteten Neubauten
der kaiserlichen Reichsbank. Wie dieses Institut,

als ein Privatunternehmen mit staatlicher Oberauf-
sicht, im Konzern der staatlichen Behörden eine
Sonderstellung einnimmt, so überragt es auch durch
die künstlerische Qualität seiner Geschäftshäuser
alle übrigen Verwaltungsbehörden. Es scheint fast,
als hätte der klar bewusste Geist wirtschaftlicher
Organisation,der diegeschäftlichen Unternehmungen
des Instituts kennzeichnet, hier auch auf das Geistige
zurückgewirkt: ausgeglichene Verhältnisse auf wirt-
schaftlichem und industriellem Gebiet sind ja Vor-
aussetzungen der künstlerischen Kultur. V
V Julius Habicht wirkt als Architekt der Reichs-
bank für die Förderung des Qualitätsgedankens in
der Baukunst. Seine Kunst ist mehr reflexiv, als
gefühlsmässig; er gehört der Berliner Schule an,
die Messel folgend ganz bewusst eine klassizistisch
beruhigte Architektur der schönen Proportionen
pflegt. Und von dieser bescheidenen, aber sehr
achtenswerten Kunst bringt er mit den Bauten von
neuen Reichsbanknebenstellen Kunde bis in die
kleinsten Provinzstädte. Und wie früher die Dienst-
gebäude der Reichspost als abschreckende Bei-
spiele für die Herrschaft des übelbeleumundeten
Schema F zitiert wurden, so zeugen heute die Ge-
schäftshäuser der Reichsbankfilialen von dem Geist
jener denkenden Baukunst, die sich verstandes-
mässig der Stimmung eines Ortes und einer Land-
schaft anzupassen weiss und sich, ohne das falsche
Pathos der Heimatkunst, mit Geschmack und Ge-
schick einem lokal und historisch bestimmten Stadt-
bild einfügen wird. Die vorbildliche Kraft, die
solchem Hause dank dem offiziellen Prestige der
Bauherrin innewohnt, ist nicht zu unterschätzen,
und darum ehrt die Wirksamkeit des Reichsbank-
baubüros den Auftraggeber in gleicher Weise wie
den Ausführenden. V
V Die Abbildungen dieses Heftes zeigen den eben
jetzt seiner Bestimmung übergebenen Neubau der
Reichsbankhauptstelle in Mannheim und den Neu-
bau einer Zweigniederlassung der Darmstädter Bank
in Neustadt a. d. H., den Habicht in seiner neben-

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