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(xijMODERNE bauformen(s j|
DAS KOLLEGIENGEBAUDE DER UNIVERSITÄT
ZU FREIBURG i.B. VON HERMANN BILLING
Von Dr. JOS. AUG. BERINGER, Mannheim
Von den drei während der letzten fünf Jahre der
Öffentlichkeit übergebenen Monumentalbauten
Hermann Billings hat das Freiburger Kollegien-
gebäude unzweifelhaft die reichste Baugeschichte.
Auch die Lösung der gestellten Aufgabe gehört
wohl zu den schwierigsten und eigenartigsten der
bisher von Billing behandelten und durchgeführten
Bauprobleme. V
V Die Mannheimer Kunsthalle(1907vgl.Mod.Bauf.VI,
Heft 6), ausgezeichnet durch die denkbar einfachste
Gestaltung des T-förmigen Grundrisses und in neu-
schöpferischerWeise dem barocken Baucharakterder
alten Kurfürstenresidenz eingegliedert, charakteri-
siert sich aussen und innen als ein Zweckbau be-
stimmter Art. Das Kieler Rathaus (1911 vgl. Mod.
Bauf.XI, Heft2)istdurch den mächtigen, rechteckigen
Bauplatz und durch das Baumaterial seiner Bestim-
mung und Örtlichkeit gerecht geworden. Beide
Werke sind durchaus autogene originale Entwürfe
Billings, des Siegers in der Konkurrenz. Im Freiburger
Kollegiengebäude sind die Namen der zwei Karls-
ruher Architekten Ratzel und Billing, wenn auch in
verschiedener Wertigkeit, mit einander verbunden.
V Von 1903 bis 1907 bearbeitete Professor F. Ratzel
mit längeren, durch Krankheit verursachten Unter-
brechungen die Pläne dieses Baues. Die Gestal-
tung des Grundrisses ist sein Werk. Er kam aber
über die Auf- und Einteilung des Grundrisses nicht
hinaus. Der Grundstein ist zwar am 3. Juli 1906
in Anwesenheit des damaligen Rector magnificen-
tissimus Grossherzog Friedrich I. gelegt worden;
für den Aufbau des Gebäudes aber waren erst
ganz allgemein gehaltene Skizzen und Pläne vor-
handen, als Prof. Ratzel (1907) aus dem Schaffen
und Leben schied. V
V Im Juli 1907 wurde die Bearbeitung des Neu-
baues dem Professor Billing übertragen. Er konnte
den vorhandenen Grundriss nur im wesentlichen
und in einzelnen Teilen beibehalten. Alle anderen
Vorarbeiten dagegen waren nicht zu benutzen, weil
trotz geistreich erfundener Einzelheiten die ganze
Anlage doch einer organisch gesunden und voll-
kommen logisch durchdachten Lösung entbehrte.
Hier war einzusetzen. Hier schon musste Billing
seine gesunde und natürliche Begabung für innere
und äussere Gliederung des Bauganzen in den Dienst
der Sache stellen. Für den plastischen Aufbau und
für diegesamte Durchführung des Hochbaues musste
eine Form gefunden werden, die zugleich den
Wünschen von Allerhöchster Seite, sowie denen der
akademischen Baukommission und der schöpfe-
rischen Vorstellung des Baukünstlers gemäss war.
Es gelang der unermüdlichen, allen einschlägigen
Verhältnissen verständnisvoll und klug Rechnung
tragenden Vermittlung des damaligen Kunstrefe-
renten im Ministerium, des nunmehrigen Kultus-
und Unterrichtsministers Dr. Böhm, im Benehmen
mit dem Künstler alle Schwierigkeiten zu über-
winden. V
V So ist trotz der kritischen Sachlage, dass ein
Künstler von ausgesprochener Eigenart sich in die
noch unausgereiften Ideen eines anderen hinein-
fühlen und diese seiner Eigenart gemäss weiter
bilden musste, doch ein Werk gelungen, das nach
Entstehungsweise, nach Auffassung und Durchfüh-
rung vom Grundstein bis in die letzten Einzelheiten
hinein seinesgleichen nicht hat. V
V Die Lage des Kollegiengebäudes auf dem an der
alten Stadtmauer sich erstreckenden Rempartplatz
wird durch drei Strassenzüge bestimmt. Die Form
des Platzes ist etwa dreieckig. Der Grundriss setzt
sich im wesentlichen aus zwei an der Werder- und
Beifortstrasse rechtwinklig aneinander gestossenen
Rechtecken zusammen. — (Der Einfachheit und Klar-
heit wegen sei der zwischen Werder-, Löwen- und
Beifortstrasse um einen Lichthof gelagerte, grosse
rechteckige Block, der Dominante seiner Räume
entsprechend, der „Aulablock“ genannt, während
der lange Bautrakt zwischen Löwen- und Beifort-
strasse nach seinem hervorragend betonten Bauteil,
dem Turm, der „Turmtrakt“ geheissen sei.) — Beide
Bauteile sind aus einem Bestreben, die ruhig und
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(xijMODERNE bauformen(s j|
DAS KOLLEGIENGEBAUDE DER UNIVERSITÄT
ZU FREIBURG i.B. VON HERMANN BILLING
Von Dr. JOS. AUG. BERINGER, Mannheim
Von den drei während der letzten fünf Jahre der
Öffentlichkeit übergebenen Monumentalbauten
Hermann Billings hat das Freiburger Kollegien-
gebäude unzweifelhaft die reichste Baugeschichte.
Auch die Lösung der gestellten Aufgabe gehört
wohl zu den schwierigsten und eigenartigsten der
bisher von Billing behandelten und durchgeführten
Bauprobleme. V
V Die Mannheimer Kunsthalle(1907vgl.Mod.Bauf.VI,
Heft 6), ausgezeichnet durch die denkbar einfachste
Gestaltung des T-förmigen Grundrisses und in neu-
schöpferischerWeise dem barocken Baucharakterder
alten Kurfürstenresidenz eingegliedert, charakteri-
siert sich aussen und innen als ein Zweckbau be-
stimmter Art. Das Kieler Rathaus (1911 vgl. Mod.
Bauf.XI, Heft2)istdurch den mächtigen, rechteckigen
Bauplatz und durch das Baumaterial seiner Bestim-
mung und Örtlichkeit gerecht geworden. Beide
Werke sind durchaus autogene originale Entwürfe
Billings, des Siegers in der Konkurrenz. Im Freiburger
Kollegiengebäude sind die Namen der zwei Karls-
ruher Architekten Ratzel und Billing, wenn auch in
verschiedener Wertigkeit, mit einander verbunden.
V Von 1903 bis 1907 bearbeitete Professor F. Ratzel
mit längeren, durch Krankheit verursachten Unter-
brechungen die Pläne dieses Baues. Die Gestal-
tung des Grundrisses ist sein Werk. Er kam aber
über die Auf- und Einteilung des Grundrisses nicht
hinaus. Der Grundstein ist zwar am 3. Juli 1906
in Anwesenheit des damaligen Rector magnificen-
tissimus Grossherzog Friedrich I. gelegt worden;
für den Aufbau des Gebäudes aber waren erst
ganz allgemein gehaltene Skizzen und Pläne vor-
handen, als Prof. Ratzel (1907) aus dem Schaffen
und Leben schied. V
V Im Juli 1907 wurde die Bearbeitung des Neu-
baues dem Professor Billing übertragen. Er konnte
den vorhandenen Grundriss nur im wesentlichen
und in einzelnen Teilen beibehalten. Alle anderen
Vorarbeiten dagegen waren nicht zu benutzen, weil
trotz geistreich erfundener Einzelheiten die ganze
Anlage doch einer organisch gesunden und voll-
kommen logisch durchdachten Lösung entbehrte.
Hier war einzusetzen. Hier schon musste Billing
seine gesunde und natürliche Begabung für innere
und äussere Gliederung des Bauganzen in den Dienst
der Sache stellen. Für den plastischen Aufbau und
für diegesamte Durchführung des Hochbaues musste
eine Form gefunden werden, die zugleich den
Wünschen von Allerhöchster Seite, sowie denen der
akademischen Baukommission und der schöpfe-
rischen Vorstellung des Baukünstlers gemäss war.
Es gelang der unermüdlichen, allen einschlägigen
Verhältnissen verständnisvoll und klug Rechnung
tragenden Vermittlung des damaligen Kunstrefe-
renten im Ministerium, des nunmehrigen Kultus-
und Unterrichtsministers Dr. Böhm, im Benehmen
mit dem Künstler alle Schwierigkeiten zu über-
winden. V
V So ist trotz der kritischen Sachlage, dass ein
Künstler von ausgesprochener Eigenart sich in die
noch unausgereiften Ideen eines anderen hinein-
fühlen und diese seiner Eigenart gemäss weiter
bilden musste, doch ein Werk gelungen, das nach
Entstehungsweise, nach Auffassung und Durchfüh-
rung vom Grundstein bis in die letzten Einzelheiten
hinein seinesgleichen nicht hat. V
V Die Lage des Kollegiengebäudes auf dem an der
alten Stadtmauer sich erstreckenden Rempartplatz
wird durch drei Strassenzüge bestimmt. Die Form
des Platzes ist etwa dreieckig. Der Grundriss setzt
sich im wesentlichen aus zwei an der Werder- und
Beifortstrasse rechtwinklig aneinander gestossenen
Rechtecken zusammen. — (Der Einfachheit und Klar-
heit wegen sei der zwischen Werder-, Löwen- und
Beifortstrasse um einen Lichthof gelagerte, grosse
rechteckige Block, der Dominante seiner Räume
entsprechend, der „Aulablock“ genannt, während
der lange Bautrakt zwischen Löwen- und Beifort-
strasse nach seinem hervorragend betonten Bauteil,
dem Turm, der „Turmtrakt“ geheissen sei.) — Beide
Bauteile sind aus einem Bestreben, die ruhig und
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