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Paulus, Eduard [Editor]; Württemberg / Statistisch-Topographisches Bureau [Editor]
Beschreibung des Königreichs Württemberg (Band 60): Beschreibung des Oberamts Balingen: mit fünf Tabellen, einer geognostisch kolorirten Karte des Oberamts und drei lithographirten Ansichten — Stuttgart, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.12697#0132
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114

Bevölkerung.

gegen kommen nicht selten krebsige Entartungen vor, namentlich
bei Frauen als Brust- nnd Gebürmntterkrebs.

Was endlich den psychischen Charakter der Bewohner
anbelangt, so ist derselbe im Allgemeinen gut; die da und dort
noch auffallende Derbheit wird durch geraden und biedern Sinn
weit aufgewogcn, und gehören Fleiß, Sparsamkeit, Nüchternheit
und religiöser Sinn zu den hervorstechenden Eigenfchaften.

II. Estaraliter äer KevöllrerungD)

Der Volkscharakter ist im Allgemeinen der schwäbische mit
seinen Schatten- und Lichtseiten. Schwersällig und derb im
Verkehr mit der Außenwelt, bedarf es einiger Zeit, um unter
dieser rauhen Decke das weiche und reiche Gemüthsleben zn fin-
den, das nach schwübischer Art eher verborgen als geoffenbart
wird. Geduldige Ausdauer bei harter Arbeit uud schmalem
Brot, Sparsamkeit und Anspruchslosigkeit siud fchätzcnswerthe
Eigenschaften der Bewohner, wobei es freilich an schlimmen Aus-
uahmen nicht fehlt bei Jndividuen, welche vom Branntwein ver-
giftet find. Vorherrfchende Mittelmüßigkeit des Besitzes und
häufige Armut gebeu dem Bezirk ein poesielofes realistisches Ge-
präge. Viele Mißernten und Hagelschlüge haben leider fast bis
zum letzten Rest ausgetilgt, was Gustav Schwab in seiner Be-
schreibung der schwäbischen Alb (1823) rühmt: ^was beim Ein-
tritt in das Eyachthal den Wanderer angenehm überrascht, ist
der schöne und dabei feine Menschenschlag, besonders des weib-
lichen Geschlechts, und die allerliebste Tracht, die der berühmten
Steiulacher nichts nachgibtB Die städrifche Tracht, die scheim
bare Wohlfeilheit der modernen Stosfe haben die originelle theure
aber haltbare Tracht verdrängt und uur weuige alte ehrbare
Großmütter lassen sich nicht beirren und bleiben bei dem an-
gestammten Kleide. Harte Arbeit der Weiber und rauhe Kost,
nwist Kartoffelu, Kraut und Milch, weniger Mehl und Fleisch,
lassen ost nur zu bald die natürliche Blüte des Daseins ver-
welken und fchon Kinder vom 10.—14. Juhre zeigen die Spuren
der Anstrengung. Volle frische Gesichter wie Milch und Blut
siud nicht häufig. Luft, Licht und Wasser der Gegend tragen
daran keine Schuld, denn sie sind meist gut und reichlich vor-
handen. Reinlichkeit und Sauberkeit au Leib und Seele werden

Von Pfarrer Th. Hartmann in Frommern.
 
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