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Paulus, Eduard [Editor]; Württemberg / Statistisch-Topographisches Bureau [Editor]
Beschreibung des Königreichs Württemberg (Band 60): Beschreibung des Oberamts Balingen: mit fünf Tabellen, einer geognostisch kolorirten Karte des Oberamts und drei lithographirten Ansichten — Stuttgart, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.12697#0139
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Sitten und Gebräuche.

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Tsge geboreu, werdeu Krüppel oder Bösewichter. Ebenso der 1. August,
an welchem der Teufel vom Himmet geworfeu wurde. In Balingen
gilt der Abdonstag, 30. Juli, als geeigueter Tag, um Warzeu uud
auderes zu vertreiben.

Der Nikolaustag, 6. Tezember, wird in vieleu Orteu uoch ans-
gezeichnet durch gegenseitiges Geschenkgeben. In Truchtelfingeu ist noch
stark im Brauch das Sk. Nikolausschellen. Der Nikolaus schlägt die
Kiuder, die nicht beten wollen und bringt Nüsse und Aepsel. Abends
stelleu die Eltern ein Teller aus Fcuster mit Haber für deu Niklas-
schimmel, Morgens siud daun Aepfel drin. Ju Ebiugeu uud Winter-
lingeu ist an diesem Tage Ehristbescherung. Jn Baliugen, wo er
„Schaute Klaas" heißt, werdeu au diesem Tage meuschliche Figuren
gebackeu, sogeuaunte Hauselmänner.

H. Sitten und Gebräuche, welche sich anschließeu au den
Berlauf des menschlichen Lebeus vou der Wiege bis zum

G r a b e.

Taufe. Bei dieser ist allgemeine Sitte zu schießen, um so öiter

uud stärker bei einer noch ledigen Gevatteriu, ebeuso das Vorspauuen,

weun die Taufpathen mit dem Täufliug aus der Kirche kommeu.
Gleich nach der Taufe wird dem Täufliug in vielen Orten ein Ee-
scheuk ins Kisseu gesteckt, Einstricket, Eiustecket genannt. Jn Meßsteiteu
wird auf das Papier, iu welches das Geld gewickelt ist, eiu Wuusch

oder Spruch geschrieben. Ebenso gilt zu Gevatter stehen bei ledigeu

Mädchen als Ehrenamt, zu welchem die Freuudinuen gratuliren uu.d
Glück in den Eierkretten wünscheu, manchmal stndet sich auch beim
Nachhausekommen die Thür geschlossen uud muß die Eröffuung der-
selben mit einer Gabe erkauft werdeu. Die Herren Gevatter sind meist
spröderer Natur uud lasseu sich nicht viel gefallen, sie bezeichneu ihre
Fuuktion sehr trivial mit den Worteu ^s Kmdle uau heba". Vor der
Laufe darf beim Kiud das Licht nicht gelöscht werden, au einzelueu
Orteu wird uoch eine Bibel zu ihrn in die Wiege gelegt, um es gegen
Hexen zu schützeu, auch aus Furcht vor Wechselbalgen. Fast alle ver-
heiratheteu Frauen komnren nach der Taufe rmd weisen d. h. briugeu
deu Wöchuerinuen ein Gescheuk, arich wrrd derselben vielsach Essen ge-
schickt, so daß selbst iur Hause des Armen über die Zeit des Wochen-
bettes keine Noth ist. Vor der Taufe dars die Wöchuerin nichts eut-
lchnen und nichts ausleihen, uaruentlich keiue Windel össentlich aus-
häugen, damit kein Zauber ins Haus kornmt. Ihren ersteu Ausgang
macht sie in die Kirche; holt sie zuerst Wasser, danu wird das Kiud
ein Bettnässer, geht sie uicht in die Kirche, dann hagelt es.

Der erste Gaug zur Schule uud die Konfirmariou sind wichtige
Zeiten. Am Konfirmationstag sind als besondere Sitte zu erwähnen
die reicherr oft sehr uamhasten Geldgeschenke, welche die Konfirmanden
von ihreu Taufpatheu erhalten, leider aber in den rrächsten Tagen iu
Zuckeritengeln rmd Bonbons verschleckeu. Ju Thieringen heißt die Kou-
firmationskleidung das „Büchlebethäs".

Die Rekruteuzeit mit all ihrem llufug war rmd ist uoch eme
bemerkenswerthe Stuse der männlicheu Iugeud. Amulette aller Art
werden augewendet, sich freizuspielen, daruurer besonders die Einstecket
 
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