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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 21.-22.1922-1924

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Hekler, Anton: Zum Relief aus dem Attischen Ölwalde
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https://doi.org/10.11588/diglit.33680#0524

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Anton Hekler

Sn

512

Zum Relief aus dem Attischen Ölwalde.

Durch die beiden einsichtsvollen Be-
handlungen M. Biebers (Röm. Mitt. 1917
S. 132 ff.) und J. Sievekings (Hermeneutische
Reliefstudien S. 3ff.; Sitzber. d. Bayr. Akad.,
Phil.-hist. Klasse 1920, 11. Abhandlung)
scheint dieses vielumstrittene Denkmal nach
so vielen Schwankungen endlich zeitlich und
stilistisch fest verankert. Bei ihren Deutungs-
vorschlägen des seltsamen eingerahmten Gegen-
standes im Hintergründe wird sich dagegen
die Forschung schwerlich beruhigen. Biebers
Gedanke an eine Ölpresse ist schon von
Sieveking mit guten Gründen abgelehnt
worden, allein auch sein neuer Deutungs-
versuch : Darstellung eines monumental ge-
haltenen griechischen Psi scheitert m. E. an
der einfachen Beobachtung, daß der einge-
rahmte Gegenstand durch Einfalzung der
Seitenarme deutlich als Holzkcnstruktion
gekennzeichnet ist*).
Ich glaube nach wie vor, daß der Sinn
des einget ahmten Gegenstandes im Kreise
irgend eines Handwerkerberufes zu suchen ist.

In dem eingerahmten Bilde haben wir,
wie ich vermuten möchte, die Darstellung
des bei jeder Dach- und Gewölbekonstruktion
zur Spreizung und Unterstützung unumgänglich
notwendigen Ständers mit den beiden Polzen zu
erkennen. Als Beruf der sitzenden Hauptfigur
ergäbe sich dadurch: Zimmermannstätigkeit.
Nichts steht dieser capitis deminutio im Wege.
Ein Philosoph oder Gelehrter wäre, wie Bieber
ur.d Sieveking treffend bemerkt haben, —
sicherlich durch eine Rolle gekennzeichnet.
Trotz Sievekings brieflich geäußerten Bedenken
glaube ich, daß das eingerahmte Gebilde als
abgekürzte Darstellung der von mir vor-
geschlagenen Holzkonstruktiorr durchaus ver-
ständlich ist^). Einen Vorzug hat mein
Deutungsvorschlag auf jeden Fall: der Sinn des
ganzen Reliefbildes muß nicht erst auf großen
Umwegen, mit historischen Hilfskonstruktionen
erschlossen werden, die selbst für Sieveking
als ein starkes Stück ,.römischer'* Wichtig-
tuerei erscheinen.
Und nun noch ein Wort über die sitzende

1) Wenn Sieveking, der die große Freundlich-
keit hatte in brieflichem Verkehr auf meine Be-
denken einzugehen, fragt: ,,Wie soll ein Reliefbildner
ein monumentales Psi darstellen?", so verweise ich
als Antwort auf die zahlreichen Reliefschriften
(Jakobsthal in Charites F. Leo zum 60. Geburts-
tag dargebracht S. 450 ff.), wo bei ähnlichen Buch-
stabenformen die Seitenarme von der Mittelhasta
niemals durch eine schmale eingetiefte Rille, wie
in unserem Falle, abgetrennt werden.
2) Nicht verschweigen möchte ich die kritischen
Bemerkungen, die Sieveking meiner Deutung gegen-
über brieflich geäußert hat: ,,Ihre Deutung scheint
mir daran zu kranken, daß zwar in der von Ihnen
gezeichneten Konstruktion das ^-Gebilde verwendet
wird, daß es aber außerhalb derselben, also für
sich allein genommen, kein anschauliches Symbol
ist." Demgegenüber möchte ich bemerken, daß mir
einige in dieser Frage sicher kompetente Bau-
ingenieure das Symbol als Zimmermannswerk-
zeichen durchaus klar und verständlich fanden.
S. bestreitet natürlich brieflich die Kompetenz der
Bauingenieure und will nur Archäologen als maß-

gebend anerkennen. Aber die Archäologen wußten
ja Jahrzehnte hindurch mit dem eingerahmten
Gebilde nichts anzufangen! Auch Sievekings neue
Erklärung bewegt sich auf epigraphischem Gebiet.
Als Beweis kann natürlich die Zustimmung der
Bauingenieure für meine Deutung ebensowenig
gelten, wie der Anklang bei Epigraphikern für die
Sievekingsche Hypothese. — ,,A!s Ermunterung für
mich dient — schreibt weiter S. — daß auch der
sehr kritische und vorsichtige Wolters schon vor
10 Jahren, als er das Relief kennen lernte, notiert
hat .Darstellung eines Psi' und auch jetzt noch
darauf besteht, es könnte nichts anderes gemeint
sein .... Auch Kekule, der ursprünglich mit
dem Gebilde nichts anzufangen wußte, hat es später
in mündlichen Äußerungen für ein zweifelloses Psi
angesprochen." — Merkwürdig genug, daß Kekule
in der letzten Auflage seines Handbuches der
griechischen Sulptur anstatt von seiner befreienden
Entdeckung etwas mitzuteilen, noch immer wie
zuvor, von ,,Balken mit den zwei Querbalken"
spricht! (S. 298.)
 
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