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Pauli, Gustav; Hamburger Kunsthalle
Führer durch die Galerie der Kunsthalle zu Hamburg (1): Die neueren Meister — Hamburg: Verlag der "Freunde der Kunsthalle" e.V. zu Hamburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.53297#0021

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auszugehen, um Runge zu verstehen. Die Kunsthalle
bewahrt in dem Seitenlichtkabinett 40 die Haupt*
Zeichnungen und ferner eine Anzahl von Skizzen und
Fragmenten zu der Folge. Der Grundgedanke der Arbeit
war die symbolhafte Darstellung des Werdens und Ver*
gehens im ewigen Leben der Natur, für das der Tod
nur ein Entschlummern, einen Übergang zu neuem
Dasein, bedeutet. Dies Thema gliedert sich bei Runge
in vier Darstellungen der Tageszeiten, die zugleich die
Abschnitte des Menschenlebens oder die Jahreszeiten
bedeuten mögen. Als Träger der Kräfte des organischen
(und zugleich kosmischen) Lebens erscheinen, wie auch
sonst bei Runge, Kindergenien, weibliche Idealgestalten
und Blumen. Vorstellungen Jakob Böhmes klingen
hinein. Die Art, wie einzelne Blumen bei spielender
Benützung ihrer deutschen Namen allegorisch verwendet
werden, ist echt romantisch. Romantisch ist aber nament*
lieh der Grundgedanke und die Kühnheit des Vorhabens,
ein unerschöpfliches Thema ohne Aussicht auf seine be*
friedigende Lösung in Angriff zu nehmen. Die Roman*
tiker waren auf vielen Gebieten die Anreger und Ver*
künder, auf wenigen die Vollender. Romantisch ist
schließlich das Bestreben, die Grenzen der Künste zu
verwischen, die Malerei mit Literatur, sogar mit der Er*
innerung an Musik, zu verquicken. Dagegen verharrt
das Einzelne und Äußerliche der Zeichnungen, insonder*
heit die peinliche Wahrung der Symmetrie, in der Sphäre
der klassizistischen Schule.
Der Plan der Tageszeiten wurde 1802 gefaßt zu Dresden,
in dem Hochgefühl der jungen Liebe. Runge hatte in
Pauline Bassenge das Mädchen seiner Wahl gefunden
und fühlte sich zugleich erhoben in der Freundschaft mit

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