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Pauli, Gustav; Hamburger Kunsthalle
Führer durch die Galerie der Kunsthalle zu Hamburg (1): Die neueren Meister — Hamburg: Verlag der "Freunde der Kunsthalle" e.V. zu Hamburg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.53297#0179

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In dem Hochgefühl dieses Erfolges ward er hinweg*
genommen. Er starb 1901 an der Schwelle des neuen Jahr*
hunderts in seinerVilla bei Florenz als einTriumphator.
Bald aber erhob sich neue Gegnerschaft. Der angesehenste
unserer Kunstschriftsteller, der Wortführer des Impres*
sionismus, wies es ausführlich nach, daß Böcklins Ruhm
auf einem Mißverständnis beruhe, daß er die unerquick*
liehe Verschmelzung eines Phantasten und Naturalisten
sei und alles andere als ein großer Maler. Gegen diese
Argumentation ließ sich von dem Standpunkt aus, den
der Kritiker eingenommen hatte, nicht viel einwenden.
Allein der Standpunkt war eben anfechtbar. Mit den
Maßstäben des Impressionismus oder der klassischen
Kunst gemessen, muß Böcklin versagen — wie jede
romantische Kunst. Das besagt indessen nicht das min*
deste gegen seine Bedeutung. Der reife spätere Böcklin
ist einer jener Romantiker, welche die Mittel aller Künste
vor ihren Wagen spannen; nicht Maler allein, sondern
gleichzeitig Dichter, Musiker, Deuter der Welt und ihrer
Geheimnisse. Er ist so germanisch, daß er nur von Ger*
manen verstanden werden kann. Und dieVolksmeinung,
die ihn erhoben hatte, irrte nicht, sofern sie seine Be*
deutung anerkannte, so sehr sie in den Gründen ihrer
Wertschätzung sich getäuscht haben mag. Die entschei*
dende Prüfung des Wertes, daß er fruchtbar sei, hat
Böcklin bestanden. Wie er durch Franz*Dreber mit
den Nazarenern und Klassizisten der Frühzeit des Jahr*
hunderts verknüpft ist, so weist er andererseits — er
allein — zum Expressionismus voraus. Böcklin und kein
anderer ist der deutsche Vorläufer der Expressionisten.
Was jene kennzeichnet: die Dynamik des Ausdrucks,
das Verlangen nach einem Anschluß an die Architektur,

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