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Prähistorische Blätter — 6.1894

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Nr. 3
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Florschütz, Georg: Prähistorisches von Tonna
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https://doi.org/10.11588/diglit.32977#0068
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Prähistorisclies von Tonna. Von Dr. G. Florschiitz.

der älteren neolithischen Zeit. Sie bestehen aus den Eck-
zähnen einer kleinen Hundeart, die damals sehr häufig ver-
treten gewesen sein muss, aus den Eckzähnen des Dachses
und den Eckzähnen (Hauern) des Schweins, vielleicht Dorf-
schweins. Bewundernswerth ist die ebenso feine wie gleich-
mässige Durchbohrung der Zahnwurzeln (Tafel VIII, 5).

Die Bronzen — Armringe und Halsriug (Tafel VIII, 1,
2, 3, 4) — gehören der jüngeren Hallstattzeit an.

Werfen wir daim einen Blick auf die Grabanlage im
Allgemeinen, so entspricht diese den nicht so seltenen Massen-
gräbern der neolithischen Zeit. Die Gesannntanlage scheint
durch einfache Steinsetzung in regelmässige Abtheilungen
zerlegt worden zu sein, welche 4 Skelete nebeneinander ent-
hielten , während gleic-hzeitig die Todten der einzelnen Ab-
theilungen mit den Köpfen gegeneinander niedergelegt waren.
Vergrössert wurde die Grabanlage sehr viele Jahrhunderte
später in der Hallstattzeit theils durch die Errichtung eines
einfachen Steingrabes, theils durch Niederlegung von Leichen
auf den mit einer dünnen Steinschicht bedeckten Boden,
welche dann mit Erde überschüttet wurden.

Die Messuugen der Extremitätenknochen, Wirbel etc.
etc. zeigten übrigens, dass cler Gestalt nach die hier Beer-
digten nicht von der jetzt lebenden Generation verschieden
waren. Ihre Grösse diirfte kaum 175 cm überstiegen haben.

Zwei weit auseinander liegende Zeiträume sind es also,
die wir aufgedeckt haben. Die Bronzen und die Gebeine,
die lose in der Erde und in dem ersten Steingrab lagen,
gehören der jüngeren Hallstattzeit an, die weiter central ge-
legene Bestattungsstätte, das Massengrab ist ein neolithischer
Friedhof, dessen Zeitrechnung auf mindestens 1500 v. Chr.
zurückzuführen sein dürfte. Die reiche Beigabe der Bronzen
zu den ersten Gräbern lässt auf eine gewisse Wohlhabenheit
der damaligen Bevölkerung und einen Handelsverkehr mit
dem Süclen schliessen, die ärmliche des Massengrabes deutet
auf eine gewisse Armuth, dem Schmuck nach auf eine
niedere Kulturstufe hin. Das Fehlen aller uud jeder Waffen-
beigabe stempelt den Character des Volkes als einen fried-
lichen. Es lebte noch friedlich als ein sesshafter Starnm
auf ererbter Scholle; denn auch das können wir aus der
grossen Zahl der Bestattungen sclrliessen. Es war kein No-
madenvolk, das hier seine Todten beerdigte, es war ein an-
sässiges Geschlecht, fest gewurzelt an der Scholle, der es
seine Todten auvertraute.
 
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