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Prähistorische Blätter — 6.1894

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Nr. 6
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Ausgrabungen und Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.32977#0134
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Ausgrabungen und Fuude.

finden. Bei näherer Besichtigung ergab sich, dass diese kesselähnliche
Urne bereits geflickt ist. Die Nieten, mit denen der ea. 20 cm grosse
Flicken befestigt ist, sind deutlich -wahrnehmbar. Man darf hieraus wohl
schliessen, dass dieses Gefäss ursprüngiich nicht als Urne bestimmt war,
sondern Hausstandszwecken gedient hat. Eine ähnliche bronzene Urne
wurde im Frühjabr auf demselben Grundstück vorgefunden. Der grösste
Aschenkrug, der an die Oberfläche gefördert wurde, hat einen Umfang von
1,40 m und ist 20 cm hoch. Der ßand ist überstehend, die Wandung
bauchig, der Brand wie bei den meisten übrigen glänzend schwarz. Die
nächstgrösste irdene Urne misst ungefähr 1 m im Umfang und ist 25 cm
hoch. Eine andere Urne hat die Gestalt einer Vase; bei noch einer anderen
sind oben am Eande Tragringe markirt. Der Iuhalt der untersuchteu Ge-
fässe bestand aus Erde, Asche, Knochenresten und Holzkohlen. Ausser
einigen eisernen Eingen und Klammern und einem handlangen, bogen-
förmigen, eisernen Messer wurden Beigaben nicht vorgefunden. Das Alter
der ausgegrabenen Urnen beträgt nach fachmännischem Urtheil ca. 2000 Jahre.
Sämmtiiche Funde wurden dem Kieler Museum übermittelt.

Aus Buuzlau wird berichtet: In Ullersdorf a. Qu. ist ein heid-
nisches Gräberfeld entdeckt worden. Seit einigen ’W'ochen leitet
Herr Oberlehrer Feyerabend-Görlitz die Ausgrabungen. Der Friedhof be-
findet sich, wie es zumeist bei diesen Begräbnissstätten der alten Germanen
der Fall ist, auf etwas erhöht gelegenem Terrain und ist von ganz be-
trächtlicher Ausdehnung. Bisher sind 17 Gräber mit zahlreichen Kuochen-
urnen und Beigefässen, desgleichen auch mehrere Schmuckgegeustände,
wie eine grosse Fibel, eiserne Nadeln, Finger- und Armringe ausgegraben
worden. Die Gräber entstammen dem Ausgange der Hallstattperiode.

Der grösste Silberfund aus der Zeit des 10. Jahrhunderts , in
der die Mark Brandenburg vonWenden bewohnt war, ein ungefähr 20 Pfd.
schwerer Schatz, der vor einigen Tagen bei der Leissower Mülile unweit
Frankfmt a. 0., im Kreise Weststernberg, zunächst angepfltigt und danu
ausgegraben wurde, ist vom Märkischen Provinzialmuseum
angekauft worden In einem cistenförmigen grossen Thongefäss, das mit
einem übergreifenden Falzdeckel versehen und mit ßiefen und Kerben ver-
ziert ist, lag der ganze Schatz verwahrt in der Erde, der Topfdeckel nur
etwa 30 cm unter der Erdoberfläche. Der Inhalt bestand aus folgenden
Silbersachen: 13 geflochtene Iialsriuge mit verzierten Schliesshaken, ein
massiver Armring, eine grosse Menge Schmuckstücke und Bruchstücke
davon, namentlich Ohrgehänge von feinster Filigranarbeit, Armringstücke,
sogenannte, fiir die wendische Zeit charakteristische Schläfenringe, Finger-
ringe, Schliesstheile von Gürteln, eine grosse Masse von zerbrochenen, ge-
wundenen Halsringen, darunter mehr als fünfzig Schliessstiicke von solchen,
mehrere Pfund zerhackte Schmelzklnmpen, Drahtstücke u. dgl. An deu
Schmucksachen kommen als besonders erwähnenswerth auch aus Silber-
blech getriebene Pferdchen als Anhänger vor und eins der aus dickem
Draht gewuudenen Stücke endigt in einen phantastischen Thierkopf. Sebr
merkwürdig sind auch die vieien viereckigen dicken kleinen Platten von
1—2 cm irn Quadrat, die an den Kauten iiberall scharf aagekerbt siud; ob
sie als Zahlstiicke gedient haben, da die Wenden in dieser Zeit noch nicht
eigene Miinzen hatten ? Für den Numismatiker wird der Fund gewiss viel
Neues bringen; die Münzeu sind noeh nicht untersucht und festgestelit;
nur so viel kann darüber gesagt werden, dass sie fast allen damaligeu
Münzländern Enropas angehören, aucli viele arabische, selbst vier römische
Kaisermünzen sind darunter. Am meisteu sind deutsche Gepräge (Heiurich,
Otto, Beruard etc.) vertreten , auch viele englische (Edelred), böhmische
 
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