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Ausgrabungen und Funde.
auch Instrument zum Feueranschlagen. Die sonst gewöhnlichen Schläfen-
ringe fehlen dieses Mal. Dagegen fanden sich wiederum zwei kleine
Silbermünzen, nach sachkundiger Bestimmung barbarische Nachbildungen
von Kölner Denaren Andernacher Prägung, wie sie im elften und zwölften
Jahrhundert bis auf Heinrich den Löwen massenhaft in den Ostseeländern
circulirt haben.
Wenn diese Funde im Wesentlichen nur eine Ergänzung zu den früh-
eren Ausgrabungen geben, so war durchaus neu eine fernere Beobachtung:
Es war auffallend, dass in dem Raume zwischen den beerdigten Leichen
sich Reste von Urnen fanden, die keinen wendischen Charakter zeigten und
die Vermuthung nahe legten, dass auf dem später als Wendenkirchhof
benutzten Platze eine Ansiedlung oder Grabstätte aus einer älteren Kultur-
periode läge. Solche Mischfundstätten sind ebenso häufig wie schwer zu
behandeln. Unzählige Missverständnisse sind dadurch hervorgerufen , dass
an einem Platze Culturplätze verschiedener Generationen gefunden werden,
obwohl es doch in der Natur der Sache liegt, dass ein späteres Geschlecht
den einmal von dem früheren cultivirten Ort weiter benützt und seiner-
seits auch Spuren hinterlässt. Die Kritik gegen das Dreiperiodensystem
hat mit Vorliebe solche Mischfunde in das Treffen geführt, und speciell
hat Hostmann, dessen negative Anschauungen noch immer in Kreisen,
welche nicht selbst an dem Aufbau unserer Vorgeschichte mitarbeiten,
einen verhängnissvollen Einfluss ausüben, aus dem Vorkommen von Eisen
in Hünengräbern deren Einreihung in die Steinzeit ad absurdum zu führen
gesucht. Demgegenüber hat die eingehende Kritik Olshausens ergeben,
dass in keinem einzigen der von Hostmann angeführten Fälle Eisen in der
unberührten Grabkammer eines Hünengrabes gefunden ist und dass
die vermeintlichen Eisenfunde sämmtlich viel späteren Zeiten angehören.
Auf jeden Fall aber ist es bei jeder neuen Ausgrabung Pflicht, das Vor-
kommen solcher-Mischfundc mit besonderer Sorgsamkeit festzustellen. Bei
dem ersten wendischen Skeletgräberfelde, welches in Mecklenburg entdeckt
wurde, lagen Begräbnissstellen der ältesten Eisenzeit und Wendenzeit direkt
neben einander (bei Bartelsdorf); ein Umstand, der bei dem damaligen
Stande der Forschung zu einem heillosen Wirrsal führen musste. Schreiber
dieser Zeilen hat ein eisenzeitlith.es Nachbegräbniss in einem rein bronze-
zeitlichen Grabe (Friedrichsruhe), eine steinzeitliche Scherbe auf einem
wendischen Pfahlbau (Puchow), frührömische Scherben in wendischen Brand-
gruben (Lübz) und einen schwedischen Dreiling neben Urnen der Völker -
wandeiungszeit (Spornitz) gefunden, also die verschiedensten Combinationen;
hier in Gamehl stand eine Urne mit zerbrannten Knochen aus der Bronze-
zeit so unmittelbar neben einem Skelete, dass man sie ohne Beigaben
sicher für zugehörig gehalten haben würde: doch belehren eine kleine
bronzene Pincette und bronzene Nadel, das stehende Inventar der Brand-
gräber aus der letzten Periode der Bronzezeit, unzweideutig über ihre
zeitliche Zugehörigkeit. Nachdem einmal das Vorhandensein einer bronze-
zeitlichen Begräbnisstätte, welche durch gewaltige Zeiträume (etwa andert-
halb Jahrtausende) geschieden ist, auf dem wendischen Grabplatze fest-
gestellt war, fiel auch Licht auf eine daselbst gefundene Steinsetzung aus-
grossen Granitblöcken von 1,70 Meter Länge und 0,85 Meter Breite , in
der Aschen- und Kohlenschichten lagen; es ist jedenfalls die Verbrennungs-
stätte der Leichen des bronzezeitlichen Grabfeldes. Dass von demselben
nicht mehr erhalten ist, erklärt sich aus der späteren Benutzung von selbst.
10. Ein weiterer Rest wendischer Besiedelung jener Gegend ist auf dem
Gamehl benachbarten Gute Kalsow gefunden worden. Bei dem Durch-
stich der Bahn zwischen Hornstorf und Kalsow hat Herr von der Lühe
auf Kalsow Brandschichten mit Steinsetzungen, zwischen denen Gefäss-
Ausgrabungen und Funde.
auch Instrument zum Feueranschlagen. Die sonst gewöhnlichen Schläfen-
ringe fehlen dieses Mal. Dagegen fanden sich wiederum zwei kleine
Silbermünzen, nach sachkundiger Bestimmung barbarische Nachbildungen
von Kölner Denaren Andernacher Prägung, wie sie im elften und zwölften
Jahrhundert bis auf Heinrich den Löwen massenhaft in den Ostseeländern
circulirt haben.
Wenn diese Funde im Wesentlichen nur eine Ergänzung zu den früh-
eren Ausgrabungen geben, so war durchaus neu eine fernere Beobachtung:
Es war auffallend, dass in dem Raume zwischen den beerdigten Leichen
sich Reste von Urnen fanden, die keinen wendischen Charakter zeigten und
die Vermuthung nahe legten, dass auf dem später als Wendenkirchhof
benutzten Platze eine Ansiedlung oder Grabstätte aus einer älteren Kultur-
periode läge. Solche Mischfundstätten sind ebenso häufig wie schwer zu
behandeln. Unzählige Missverständnisse sind dadurch hervorgerufen , dass
an einem Platze Culturplätze verschiedener Generationen gefunden werden,
obwohl es doch in der Natur der Sache liegt, dass ein späteres Geschlecht
den einmal von dem früheren cultivirten Ort weiter benützt und seiner-
seits auch Spuren hinterlässt. Die Kritik gegen das Dreiperiodensystem
hat mit Vorliebe solche Mischfunde in das Treffen geführt, und speciell
hat Hostmann, dessen negative Anschauungen noch immer in Kreisen,
welche nicht selbst an dem Aufbau unserer Vorgeschichte mitarbeiten,
einen verhängnissvollen Einfluss ausüben, aus dem Vorkommen von Eisen
in Hünengräbern deren Einreihung in die Steinzeit ad absurdum zu führen
gesucht. Demgegenüber hat die eingehende Kritik Olshausens ergeben,
dass in keinem einzigen der von Hostmann angeführten Fälle Eisen in der
unberührten Grabkammer eines Hünengrabes gefunden ist und dass
die vermeintlichen Eisenfunde sämmtlich viel späteren Zeiten angehören.
Auf jeden Fall aber ist es bei jeder neuen Ausgrabung Pflicht, das Vor-
kommen solcher-Mischfundc mit besonderer Sorgsamkeit festzustellen. Bei
dem ersten wendischen Skeletgräberfelde, welches in Mecklenburg entdeckt
wurde, lagen Begräbnissstellen der ältesten Eisenzeit und Wendenzeit direkt
neben einander (bei Bartelsdorf); ein Umstand, der bei dem damaligen
Stande der Forschung zu einem heillosen Wirrsal führen musste. Schreiber
dieser Zeilen hat ein eisenzeitlith.es Nachbegräbniss in einem rein bronze-
zeitlichen Grabe (Friedrichsruhe), eine steinzeitliche Scherbe auf einem
wendischen Pfahlbau (Puchow), frührömische Scherben in wendischen Brand-
gruben (Lübz) und einen schwedischen Dreiling neben Urnen der Völker -
wandeiungszeit (Spornitz) gefunden, also die verschiedensten Combinationen;
hier in Gamehl stand eine Urne mit zerbrannten Knochen aus der Bronze-
zeit so unmittelbar neben einem Skelete, dass man sie ohne Beigaben
sicher für zugehörig gehalten haben würde: doch belehren eine kleine
bronzene Pincette und bronzene Nadel, das stehende Inventar der Brand-
gräber aus der letzten Periode der Bronzezeit, unzweideutig über ihre
zeitliche Zugehörigkeit. Nachdem einmal das Vorhandensein einer bronze-
zeitlichen Begräbnisstätte, welche durch gewaltige Zeiträume (etwa andert-
halb Jahrtausende) geschieden ist, auf dem wendischen Grabplatze fest-
gestellt war, fiel auch Licht auf eine daselbst gefundene Steinsetzung aus-
grossen Granitblöcken von 1,70 Meter Länge und 0,85 Meter Breite , in
der Aschen- und Kohlenschichten lagen; es ist jedenfalls die Verbrennungs-
stätte der Leichen des bronzezeitlichen Grabfeldes. Dass von demselben
nicht mehr erhalten ist, erklärt sich aus der späteren Benutzung von selbst.
10. Ein weiterer Rest wendischer Besiedelung jener Gegend ist auf dem
Gamehl benachbarten Gute Kalsow gefunden worden. Bei dem Durch-
stich der Bahn zwischen Hornstorf und Kalsow hat Herr von der Lühe
auf Kalsow Brandschichten mit Steinsetzungen, zwischen denen Gefäss-