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Prähistorische Blätter — 7.1895

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Heft Nr. 5
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Lehmann-Nitsche, Robert: Die Körpergrösse der südbayerischen Reihengräberbevölkerung
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Ausgrabungen und Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.32434#0101
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Ausgrabungen und Funde.

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historischen Archäologie Hand in Hand gehen. Das für den Findet' viel-
leicht wertlose anthropologische Material, Schädel mit s ä tn tn t -
liehen Knochen nebst genauer Bezeichnung des Fundortes, wird im
anthropologischen Institut zu München, Alte Akademie, Neuhauserstrasse,
dankbarst angenommen und zur genauen Untersuchung verwertet. Nur so
wird es möglich sein, ein umfassendes Bild der vorgeschichtlichen
deutschen Volksstämme, prähistorisch und anthropologisch, bieten zu können !

Ausgrabungen und Funde.
Mecklenburgische Funde. (Fortsetzung.) 8. Herr Pastor
Reisner in Granzin b. Boizenburg hat auf ein dort befindliches
Urnenfeld aufmerksam gemacht und freundiiehst einige Funde einge-
sandt. Es ist zunächst eine kleine, braune Urne von höchst einfacher
Form, 16 cm hoch, von breiter Grundfläche gleichmässig langsam sich aus-
bauchend und wieder zusammenziehend; darin scharf gebrannte Knochen
von Menschen und einige Pferdezähne; ferner eine zierliche Lanzenspitze
und ein Messer von Eisen. Die Urne gleicht genau einer vor einigen
Jahren bei Hagenow in einem Urnenfelde am Prahmerberge auf dem Bahn-
planum ausgegrabenen; jenes Feld liess sich durch zahlreiche Funde zeit-
lich bestimmen und gehört in die Völkerwanderungsperiode (fünftes Jahr-
hundert). Dahin ist auch die Granziner Grabstelle zu rechnen. Es ist
merkwürdig, wie fast alle bisher bekannt gewordenen Grabstätten dieser
Zeit im südwestlichen Theile des Landes liegen, ausser dem eben genannten
von Hagenow eines bei Britzhier (das grösste bisher bekannte) und bei
l'ogress-Dreilützow; ausserhalb dieses Gebietes liegt nur ein bei Spornitz
aufgedecktes. Zahlreich sind dagegen Grabfelder von gleicher Ausstattung
an der unteren Elbe im Hannoverschen; das scheint auf eine gleiche Be-
völkerung hinzuweisen: derselbe Germanenstamm, die Longobarden, wird
damals die Länder an beiden Elbufern inne gehabt haben. Mehr lässt sich
vorläufig nicht sagen , so wünschenswerth es wäre; es genügt hervorzu-
heben, dass Funde, wie der Granziner in die letzte Zeit, wo Germanen
auf Mecklenburgischem Boden sassen, gehört; gleich nachher kamen die
Wenden.
Die Funde aus dieser letzten Periodo der Vorgeschichte haben sich
in den vergangenen Jahren in sehr erfreulicher Weise gemehrt, und wir
sind jetzt im Stande, wenigstens einige Punkte fest bestimmen zu können.
0. Das bedeutende Grabfeld von Ga mehl bei Wismar, über dessen
Entdeckung schon früher berichtet wurde, hat Schreiber dieser Zeilen un-
längst — Dank dem regen Interesse des Herrn v. Stralendorff auf
Gamehl für landeskundliche Studien — erschöpfend ausgraben können.
Es stellte sich zunächst heraus, dass das wendische Grabfeld eine regel-
mässige Anlage von Grabstätten enthielt, wenn auch eine ganz gleich-
mässige Lagerung, wie in neueren Zeiten, nicht inne gehalten ist. Die
Mehrzahl der Leichen lag von Westen nach Osten, einige südwest-nord-
östlich, andere von Norden nach Süden. Einige waren mit Steinen bedeckt,
bei anderen zeigen sich Nägel, ein Beweis, dass schon Särge gebraucht
waren. Aeusseriich waren die Grabstätten nicht gekennzeichnet, auch die
Tiefenlage schwankte zwischen 20 Centimeter und 1 Meter. Sehr gleich-
mässig war die Ausstattung: die meisten trugen eiserne Messer, meist an
der linken Seite mit lederner Scheide und bronzenem Scheidenbeschlage,
auf dem einfach gemusterte Punktverzierungen eingepunzt waren; kleine
bronzene Oesen an der Seite beweisen, dass das Messer an einem Baude
oder Riemen getragen wurde; neu war ein vierseitiges rahmenförmiges
Eisengeräth, welches neben den Messern lag, wohl ein Messerschärfer oder
 
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