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Prähistorische Blätter — 7.1895

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Heft Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.32434#0122
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92

Literatur.

oder Punta di Miggiandone, in Persona genannt, befindet. Die hier geöffneten
330 Gräber, von denen 165 der Nekropole bei S. Bernardo und ebenso-
viele jener bei Persona angehören, sind als in Reihen angelegte Flachgräber
zu bezeichnen. Die Leichen sind in voller Kleidung und mit Waffen und
Schmucksachen auf dem Grabboden bestattet worden. Werth volle Gegen-
stände, besonders Münzen, lagen auf Holzbrettchen. Die Thongetässe standen
zu Füssen der Skelete, die Glasgefässe dagegen in der Nähe der Schädel.
Die Richtung der Skelete ging von West nach Ost; nur in zwei Gräbern
bei Persona war die Richtung die entgegengesetzte. In dieser Nekropole
fanden sich auch 7 Gräber mit verbrannten Knochen.
Die Mehrzahl der erhobenen Eisenschwerter gehört dem Mittel-La-
Tcne-Typus an. Von 31 Exemplaren trelfen allein 25 auf die Nekropole
bei S. Bernardo; von diesen ist eines als römisch zu bezeichnen, ebenso
die fünf bei Persona gefundenen. Ueberwiegen bei S. Bernardo die Schwerter,
so bei Persona die Lanzen; unter 23 treffen auf letztere Nekropole 19.
Dann fanden sich Spiesse, Aexte, Messer, Sicheln und Scheeren aus Eisen,
die in ihrer grossen Mehrzahl ebenfalls der Mittel-La Tene-Zeit angehören.
Das Gleiche findet bei den Fibeln aus Bronze, Eisen und Silber statt.
Charakteristisch für dieselben sind die sehr langen Spiralrollen und die
meistens nach rückwärts gelegten Sehnen. Es würde zu weit führen, wollten
wir noch die übrigen zahlreichen Beigaben aufzählen, wir müssen deshalb
auf das Werk selbst verweisen. Dagegen erscheint es wichtig, auf die in
den Gräbern der beiden Nekropolen gefundenen 339 Münzen etwas näher
einzugehen; 192 davon trelfen auf S. Bernardo, die übrigen auf Persona.
Die älteste derselben (ein As des Lucius Aemilius Paullus) datirt von 231
v. Cbr., die jüngste (eine Mittelbronze des Kaisers Domitianus) aus den
Jahren 80—81 n. Ohr. Die übrigen 8 Münzen sind gallisch: 6 aus Silber,
Massilia zugehörend, die übrigen aus Potin. Die äitesten Stücke aus den
Jahren 221—88 v. Chr. wurden in der Nekropole bei S. Bernardo, die
jüngsten von 89 v. Chr. bis 80—81 n. Chr. bei Persona gefunden, daraus
ergibt sich, dass die erstgenannte Nekropole die ältere ist, und dass jene
bei Persona erst dann errichtet wurde, als bei S. Bernardo kein Platz für
weitere Gräber vorhanden war. Die beiden Nekropolen sind demnach
während einer Zeitdauer von circa 311 Jahren benutzt Worden.
Gehören der Nekropole bei S. Bernardo die ältesten Münzen an, so
ist dies auch mit den übrigen Beigaben der Fall , denn nur hier wurden
Schwerter vom La Tcne-Typus, silberne, fast halbkugelförmige Schalen,
kreiselförmige Thonvasen mit sehr kurzem Halse. Schalen mit umgelegten
Rändern, schwarzgefirnisste Tassen, einfache Schüsseln und jene für die
La Tene-Zeit besonders charakteristischen becherartigen Gefässe gefunden.
Dagegen treten in der Nekropole bei Persona, neben jüngeren römischen
Münzen (besonders solchen aus der Kaiserzeit) römische Gläser, aretinische
Thongefässe, grosse Schüsseln mit flachem Boden und nach aussen geführtem
Rande u. s. w. auf. Ferner ist bei S. Bernardo kein Grab mit Leichen-
brand konstatirt worden, während bei Persona sieben waren. Alles weist
also darauf hin, dass beide Nekropolen einem einheimischen, hier sesshaften
Volksstamme angehören, der mit jenem Volke verwandt war, das einen
Theil des Canton Tessin und einige andere nördliche Orte am Lago Maggiore
bewohnte. Möglicherweise haben wir es hier mit den Lepontiern zu thun.
Dem wichtigen und vortrefflich ,ausgestatteten Werke hat Professor
Ferrero ein sehr gutes Inhaltsverzeichniss und eine die Auffindung der
betreffenden Gegenstände sehr erleichternde Beschreibung der Tafeln an-
gefügt.
 
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