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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (2. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

DOI Kapitel:
Wissenschaft und Kunst des Klosters
DOI Artikel:
Hartig, Michael: Die Klosterschule und ihre Männer
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61011#0017

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Die Klosterschule und ihre Männer

sehen Dichtern, die Alkuin mit Liebe pflegte.
Auch Geschichte, Rechts- und Naturkunde stan-
den bereits im Schaffensbereich der Kloster-
schule von York, aus der Alkuin hervorgegangen
war. Karl d. Gr. billigte die Ziele Alkuins,
aber er erweiterte die Aufgaben. Neben Karls
religiösem Interesse stand sein Verlangen, den
Bildungsgrad auch außerhalb der Klostermauern
zu heben und sich dabei der Klosterschulen zu
bedienen. Im ganzen Reich sollten Lehranstalten
entstehen, in denen ein tüchtig geschulter Klerus
herangebildet, aber auch unter der Laienwelt
Bildung verbreitet würde. Vor Karl d. Gr. gab
es keine Mönchsregel, welche die Pflicht, Schule
zu halten, ausgesprochen hätte; der Unterricht
war nur Mittel zur Heranbildung des eigenen
Nachwuchses. Karl d. Gr. stellte neben die Be-
rufsausbildung der Kleriker die Bildung, die auch
Laien zugänglich sein sollte. Diese Heranziehung
von Laien als Schüler führte dazu, ohne strenge
Scheidung des geistlichen und weltlichen Lehr-
stoffes den Unterricht doch so zu gestalten, daß
er den verschiedenen Zwecken diente.
Karl d. Gr. hat eine Reihe von Kapitularien
über die Studien erlassen. Sein Rundschrei-
ben zur Förderung der Pflege der Wissenschaf-
ten, gemeinhin aufs Jahr 787 datiert, das uns in
der Ausfertigung an Abt Baugolf von, Fulda
überliefert ist, muß auch der Reichenau zugegan-
gen sein; das wäre also im ersten Regierungs-
jahre des Abtes Waldo gewesen. Eindringlich
fordert darin der Herrscher auf, in allen Klö-
stern regelmäßigen Unterricht einzurichten, damit
die Schrift und die Kirchenlehre in reinem La-
tein geschrieben und gelernt werde. Dazu sollten
die geeigneten Lehrer vorgebildet werden. Die
Bedeutung, die Karl diesen seinen Bestrebungen
beilegte, erhellt am besten aus ihrer Aufnahme
in den großen Runderlaß von 789, die ,Admoni-
• tio generalis*. Hier ordnete Karl an, daß nament-
lich auch Kinder der Freien in die klösterlichen

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Gemeinschaften aufzunehmen und Leseschulen
(,scolae legentium puerorurn ) einzurichten seien,
darin die Psalmen, die Noten, der Gesang, die
kirchliche Festrechnung, die Grammatik und die
Glaubensschriften in verbesserter Gestalt gelehrt
werden sollten. Ähnliche Vorschriften folgten
nach.
Zweifellos wirkten sich diese Bestimmungen auch
auf der Reichenau aus. Was Alkuin in Tours
vorbildlich gestaltete, das nahm die junge Rei-
chenau mit offenen Armen auf. Heitos Bruder
Odilleoz wurde Mönch in Tours und stieg
dort zu Ansehen auf. Abgesandte von Tours
überbrachten Bücher und Kostbarkeiten nach
Reichenau. Alkuin selbst weilte mehrfach im Pir-
minskloster Murbach, für das er besondere Liebe
zeigte. Die Berufung Waldos an die Spitze des
Klosters St. Denis verband die Reichenau noch
enger mit den Klöstern Westfranziens. Das Rei-
chenauer Verbrüderungsbuch ist dafür das be-
redteste Denkmal; nicht weniger der innere Zu-
sammenhang der Geschichtsdenkmäler jener Tage,
der Annalen von Reichenau und St. Gallen mit
denjenigen westfränkischer Herkunft. Nicht nur
die Buchschrift und die geläuterte Latinität Al-
kuins hält jetzt in Reichenau ihren Einzug. Auch
seine Anweisungen für das klösterliche Leben
und seine Lehrbücher wirken hier vorbildlich. So
darf man in Wahrheit sagen, daß die Berufung
Alkuins durch Karl d. Gr. auch die klösterliche
Gelehrsamkeit der Reichenau schicksalhaft beein-
flußt hat.
Gerne möchten wir vernehmen, wie die Schule
des Inselklosters, die schon bald nach 800 ihrer
ersten und großen Blütezeit entgegentrieb, imve
einzelnen ausgestaltet wurde. Hier aber bleibt
uns ein irgendwie vollständiges Bild vorenthalten.
Nur Einzelzüge, mehr über die Lehrer als über
die Lehre, sind uns überliefert. Den köstlichen
Klostererzählungen Ekkehards IV. von St. Gal-
len die sich freilich auf eine spätere Zeit be-
 
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