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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (2. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Wissenschaft und Kunst des Klosters
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Gruber, Otto: Die Kirchenbauten der Reichenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.61011#0248

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848

O. Gruber

ehrwürdige Form füllte und belebte, war abhan-
den gekommen. So dürfte sich erklären, daß die
an Zahl sehr zurückgegangenen Klosterherren
sich auf die Ostvierung beschränkten. Die für die
Aufnahme von Chorgestühlen berechneten ge-
schlossenen Wände zwischen dem Ostteil des
Mittelschiffes und den Seitenschiffen sind denn
auch mit Malereien geschmückt worden.
Erst Abt Friedrich von Wartenberg (1417 bis
1453) hat den Grundstein zum neuen spätgotischen
Chor gelegt als Zeichen einer späten Nachblüte
der Abtei. Es ist dies die Zeit, in der deutsche,
ernste Frömmigkeit nach kirchlichen Reformen
strebte, die schon das Konstanzer Konzil, leider
vergeblich, beschäftigten. Friedrich v. Warten-
berg suchte sie in seinem Kloster zu verwirk-
lichen, in dessen Kirche, wie der Chronist sagt,
im Sommer die Kühe hinter dem Altar herum-
liefen und dessen baulicher Zustand verzweifelt
gewesen sein muß.
Die Bautätigkeit der Gegenreformation, die rings
um den Bodensee prachtvolle Kirchen- und Klo-
sterbauten erstehen ließ, hat auf die Reichenau
nur noch einen sehr ärmlichen Schimmer ge-
worfen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhun-
derts wurden die alten kleinen Fenster der Kirche
durch die heute noch vorhandenen ovalen ersetzt
— im Putze eines dieser Fenster auf der Nord-
seite findet sich die Zahl 1688—, ferner wahr-
scheinlich die Säulen des Witigowo durch qua-
dratische Ummantelung den Pfeilern in der Ost-
hälfte des Langhauses angeglichen und wohl auch,
dem Zeitgeschmack entsprechend, die ganze Kirche
weiß getüncht. Auch die schönen Stuckdecken
über den Flügeln des westlichen Querschiffes
entstammen wohl dieser Zeit. Das Beste, was
das 17. Jahrhundert dem Münster schenkte, ist
jedenfalls das prächtige Chorschrankengitter, das
an die Stelle eines Lettners aus der wartenber-
gischen Zeit trat. Das ganze Können des deut-
schen Handwerkes tritt uns hier vor Augen in

einer jener glänzenden Leistungen, wie wir sie zum
schönsten Erbe vergangener Zeiten zählen. Welch
arme Kunst aber hier auf der Reichenau, verglichen
mit den alten Zeiten ihres Glanzes, als frisches
Leben diese Bauten entstehen ließ und füllte!
c) Die Stellung der frühmittelalterlichen Kirche
bis 1050 innerhalb der Baugeschichte ihrer Zeit.
Bei der Wichtigkeit, die den Reichenauer Mün-
sterbauten des Frühmittelalters innerhalb der ge-
samten Geschichte der mittelalterlichen Baukunst
zukommt, sei an dieser Stelle noch versucht, diese
Einzelerscheinung in das Gesamtbild jener Zeit
einzureihen.
Der Bau des Hatto, der, wie wir sahen, sich dar-
stellt als eine nach einem auf dem Vierungs-
quadrat aufgebauten strengen System komponierte
Basilika, deren Mittelschiff ein sehr breites Quer-
schnittsverhältnis aufweist, zeigt schon alle Merk-
male der frühen südwestdeutschen Kirchen und
darüber hinaus früher deutscher Kirchenbaukunst
überhaupt. Viel Vergleichsmaterial ist uns aus
dieser Zeit nicht erhalten. Karolingische Basiliken
sind die Pfeilerbasilika des Einhard zu Stein-
bach bei Michelstadt im Odenwald, die Salvator-
kirche zu Werden a. d. R. und etwa noch der
,Dompeterk im Elsaß. St. Emmeram in Regens-
burg geht in seinen ältesten Teilen noch bis ins
8. Jahrhundert zurück, ist also noch älter, als
die Reichenauer Kirche und ebenfalls eine Pfeiler-
basilika. Vor all diesen Bauten zeichnet sich die
Reichenauer Kirche Hattos I. durch die systema-
tische Bildung ihres Grundrisses aus, während
jene in ihrer Haltung des Chor- und Querschiff -
teiles schwankend sind, bald gar kein Querschifl
aufweisen oder es wenigstens nicht m feste Be-
ziehungen zum Gesamtgrundriß bringen. Dagegen
läßt sich für den Ostteil der Mittelzeller Kirche
eine nahe Verwandtschaft zu zwei wichtigen Do-
kumenten jener Zeit feststellen, zu den Plänen von
St. Gallen und der Kirche des hl. Richarius zu
Centula (St. Riquier, Dep. Somme). In St. Gal-

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