928
J. Sauer
auf einer lehnelosen Bank, deren Sitze und Fuß-
brett Musterung mit Kreise einschließenden Qua-
draten aufweiist. Sie tragen durchweg reich ver-
zierte Bücher und halten die andere freie Hand
gegen den Richter; Maria zunächst ist Petrus,
durch die Schlüssel charakterisiert. Der Fuß der
Mandorla steckt in seltsam stilisierten Wolken-
ballen, die deutlich wie Blätter mit ganz orna-
mental behandelten Rippen charakterisiert sind.
Die unterste Zone, in die schon der Baldachin
der Nische einschneidet, hat leider an beiden
Seiten, hauptsächlich an der rechten, stark ge-
litten, so daß nur noch die mehr gegen die Mitte
liegenden Teile Bemalung zeigen. Sie enthält die
Darstellung der aus den Gräbern Erstehenden.
Nur die Oberkörper sind links (rechts von dem
Richter) sichtbar und diese entweder nackt oder
ganz oder teilweise bekleidet. Der Ausdruck ist
hier wie auf der Seite der Bösen gegenüber un-
gemein lebendig und ergreifend; es gilt das na-
mentlich von der dritten Gestalt, die ihre Arme
weit gegen den Richter emporstreckt und mit
überraschend schöner Rückwärtsbewegung des
Kopfes nach ihrem Hintermann umsieht, sowie
von ihrem Vordermann, der mit einem von inni-
gem Vertrauen beseelten Blick nach oben schaut
und dorthin einen großen Kelch hält (Donator?).
Gegenüber ist die Erregung stärker betont; in
den lebhaften Gesten spricht sich die Verzweif-
lung in allen Abstufungen aus. Einer hält abge-
wandten Kopfes dem Richter eine Börse ent-
gegen.
Als Eigentümlichkeit dieser Malerei, die von An-
fang an vermerkt wurde, muß die durchgängig
schwarze Färbung der Gesichter, Hände und
anderen Fleischpartien des menschlichen Körpers
bezeichnet werden. Da die Konturen, Augen,
Nasenhöhlen und anderes hell gehalten sind, neh-
men sich die Köpfe wie photographische Nega-
tive aus. Von einer Absichtlichkeit, die Adler
angenommen hat, kann aber keine Rede sein; viel-
mehr ist diese seltsame Färbung die Folge einer
chemischen Farbenzersetzung. Der Malgrund be-
steht fast nur aus Gips, und der hat offenbar die
helleren Farbtöne, die aus einer Mischung von
Bleiweiß oder Silber bestanden, in Schwarz auf-
gelöst. Auch in dieser Malerei war ausgiebig Ge-
brauch gemacht von metallischen Einlagen. In
den beiden Mandorlaovalen, im Nimbus des Rich-
ters und zwischen den Köpfen der Apostel sind
noch die Nagellöcher und die Kreise wahrzu-
nehmen, in die Goldscheibchen eingelassen waren.
Unterhalb der Richtermandorla ragt die recht-
eckig oben abgeschlossene, vorgemauerte Bogen-
nische vor, die auf zwei Konsolsteinen ruht, die
ursprünglich wohl auf Säulen lagerten; die ganze
Vormauerung ist im Lauf des 19. Jahrhunderts
abgebrochen worden. Im Grund der Nische, der
smaragdgrün, im Zentrum blau getönt ist, hat sich
noch die Kreuzigungsdarstellung erhal-
ten. Die Kreuzbalken auch hier mit Astnarben;
in den vier Kreuzwinkeln ebenfalls vier Nagel-
löcher für Zierscheiben. Seitlich des Nischen -
vorbaües sind noch über einer unteren Draperie
die Spuren zweier in schöner Kurve nach der
Nische sich beugenden Gestalten schwach zu
sehen. Die Haltung des Gekreuzigten wie die der
zwei Begleitgestalten, Maria in ruhiger Stellung,
die Linke in Brusthöhe erhoben, die Rechte nicht
zu sehen, des Johannes mit stärker betonter
Trauergeste, die Hände vor der Brust gerungen,
gestattet nicht, diese Malerei weit über das
12. Jahrhundert hinabzurücken. Das gleiche gilt
aber auch von der Gerichtsdarstellung. Ihre iko-
nographischen Einzelheiten, die das frühmittel-
alterliche Gerichtsmotiv schon in völliger Ent-
wicklung zeigen, die naturalistische Einläßlich-
keit in bezug auf das Kreuzholz, die weit
über die Verhältnisse hinausgehende Gestreckt-
heit der Gestalten, die Behandlung der Gewänder
lassen es als ausgeschlossen erscheinen, daß diese
Malerei vor der Spätzeit des 11. Jahrhunderts
J. Sauer
auf einer lehnelosen Bank, deren Sitze und Fuß-
brett Musterung mit Kreise einschließenden Qua-
draten aufweiist. Sie tragen durchweg reich ver-
zierte Bücher und halten die andere freie Hand
gegen den Richter; Maria zunächst ist Petrus,
durch die Schlüssel charakterisiert. Der Fuß der
Mandorla steckt in seltsam stilisierten Wolken-
ballen, die deutlich wie Blätter mit ganz orna-
mental behandelten Rippen charakterisiert sind.
Die unterste Zone, in die schon der Baldachin
der Nische einschneidet, hat leider an beiden
Seiten, hauptsächlich an der rechten, stark ge-
litten, so daß nur noch die mehr gegen die Mitte
liegenden Teile Bemalung zeigen. Sie enthält die
Darstellung der aus den Gräbern Erstehenden.
Nur die Oberkörper sind links (rechts von dem
Richter) sichtbar und diese entweder nackt oder
ganz oder teilweise bekleidet. Der Ausdruck ist
hier wie auf der Seite der Bösen gegenüber un-
gemein lebendig und ergreifend; es gilt das na-
mentlich von der dritten Gestalt, die ihre Arme
weit gegen den Richter emporstreckt und mit
überraschend schöner Rückwärtsbewegung des
Kopfes nach ihrem Hintermann umsieht, sowie
von ihrem Vordermann, der mit einem von inni-
gem Vertrauen beseelten Blick nach oben schaut
und dorthin einen großen Kelch hält (Donator?).
Gegenüber ist die Erregung stärker betont; in
den lebhaften Gesten spricht sich die Verzweif-
lung in allen Abstufungen aus. Einer hält abge-
wandten Kopfes dem Richter eine Börse ent-
gegen.
Als Eigentümlichkeit dieser Malerei, die von An-
fang an vermerkt wurde, muß die durchgängig
schwarze Färbung der Gesichter, Hände und
anderen Fleischpartien des menschlichen Körpers
bezeichnet werden. Da die Konturen, Augen,
Nasenhöhlen und anderes hell gehalten sind, neh-
men sich die Köpfe wie photographische Nega-
tive aus. Von einer Absichtlichkeit, die Adler
angenommen hat, kann aber keine Rede sein; viel-
mehr ist diese seltsame Färbung die Folge einer
chemischen Farbenzersetzung. Der Malgrund be-
steht fast nur aus Gips, und der hat offenbar die
helleren Farbtöne, die aus einer Mischung von
Bleiweiß oder Silber bestanden, in Schwarz auf-
gelöst. Auch in dieser Malerei war ausgiebig Ge-
brauch gemacht von metallischen Einlagen. In
den beiden Mandorlaovalen, im Nimbus des Rich-
ters und zwischen den Köpfen der Apostel sind
noch die Nagellöcher und die Kreise wahrzu-
nehmen, in die Goldscheibchen eingelassen waren.
Unterhalb der Richtermandorla ragt die recht-
eckig oben abgeschlossene, vorgemauerte Bogen-
nische vor, die auf zwei Konsolsteinen ruht, die
ursprünglich wohl auf Säulen lagerten; die ganze
Vormauerung ist im Lauf des 19. Jahrhunderts
abgebrochen worden. Im Grund der Nische, der
smaragdgrün, im Zentrum blau getönt ist, hat sich
noch die Kreuzigungsdarstellung erhal-
ten. Die Kreuzbalken auch hier mit Astnarben;
in den vier Kreuzwinkeln ebenfalls vier Nagel-
löcher für Zierscheiben. Seitlich des Nischen -
vorbaües sind noch über einer unteren Draperie
die Spuren zweier in schöner Kurve nach der
Nische sich beugenden Gestalten schwach zu
sehen. Die Haltung des Gekreuzigten wie die der
zwei Begleitgestalten, Maria in ruhiger Stellung,
die Linke in Brusthöhe erhoben, die Rechte nicht
zu sehen, des Johannes mit stärker betonter
Trauergeste, die Hände vor der Brust gerungen,
gestattet nicht, diese Malerei weit über das
12. Jahrhundert hinabzurücken. Das gleiche gilt
aber auch von der Gerichtsdarstellung. Ihre iko-
nographischen Einzelheiten, die das frühmittel-
alterliche Gerichtsmotiv schon in völliger Ent-
wicklung zeigen, die naturalistische Einläßlich-
keit in bezug auf das Kreuzholz, die weit
über die Verhältnisse hinausgehende Gestreckt-
heit der Gestalten, die Behandlung der Gewänder
lassen es als ausgeschlossen erscheinen, daß diese
Malerei vor der Spätzeit des 11. Jahrhunderts