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Adolfo Venturi:
Kaiser ihn unter seinen schützenden Mantel nehmen und ihn gegen
den unversöhnlichen Papst vertheidigen werde, und um diesen Zweck
zu erreichen, versprach er ihm Pferde zu übersenden, Gemälde zu ver-
schaffen und für ihn die schönsten Statuen aus der Sammlung seines
Vorgängers, des Herzogs Alfons II., auszuwählen. Und dass dies keine
leeren Versprechen waren, wird dadurch bewiesen, dass Lucilio Genti-
loni, ein Höfling der Este, im Januar des Jahres 1599 dem Kaiser im
Namen seines Herzoges verschiedene Gemälde überbrachte3). Leider
beschränkte sich sowohl die estensische Gesandtschaft am böhmischen
Hofe, wie der ausserordentliche Abgesandte darauf, ihrem Souverän die
hohe Genugthuung Rudolfs II. zu vermelden und geben keine Einzel-
heiten an, aus denen Gegenstand oder Autor der geschenkten Gemälde
ersichtlich wären. Von Spaccini erfahren wir nur — nach den Be-
richten Gampori’s4) — dass damals der Herzog Cäsar dem Kaiser
Rudolf Gemälde von Raphael und Tizian zum Geschenk übersandte,
und ferner, dass in jenem Jahre der Herzog kein Mittel unversucht
liess, um ein Gemälde wiederzuerlangen, welches die Geliebte des Tizian
darstellte und von diesem selbst im Jahre 1561 dem Herzog Alfonso II.
geschenkt worden war. Ridolfi5) erzählt, dass der Herzog Cäsar dem
Kaiser das vermeintliche Portrait der Lucrezia Borgia, das unter dem
Namen der »Moretta del Tiziano« bekannt ist, übersandte. Dieses
könnte wohl eines jener Gemälde sein, welche von Gentiloni dem Kaiser
überreicht wurden, und welche dieser durch den in seinen Diensten
stehenden Aegidius Sadeler in Kupfer stechen liess. Das Gemälde ging
in die Sammlung Christinens von Schweden über und befindet sich
jetzt in der Galerie zu Stockholm.
Im Jahre 1599 schickte sich der Gesandte Marc Antonio Rizzi
an, nach Italien zurückzukehren, aber ehe der Kaiser ihm seinen Ab-
schied bewilligte, gab er ihm ein Verzeichniss von Statuen mit, die
sich nach ihm zugegangenen Nachrichten, welche er vielleicht dem
Vicekanzler Coradusz verdankte, am Hofe zu Modena befinden sollten.
— Diese waren die antike Statue einer nackten weiblichen Figur, welche
ihre Schultern betrachtet, und eine andere von Gian Bologna, gleichfalls
nackt und von derselben Grösse wie die erstere.
»Memoria al Sigr Marcantonio Rictiö per servitio di sua Mta: Cesa: — Di
3) Staatsarchiv in Modena, Depeschen des estensischen Gesandten Marc An-
tonio Ricci, Prag den 6. April, 1. Juni 1598, 22. Febr. 1599. Garteggio des Lucilio
Gentiloni, Briefe an den Herzog vom 21. Dec. 1598, 11. Januar und 15. Febr. 1599.
4) Gampori: Tiziano e gli Estensi. (Nuova Antologia.) Firenze 1874.
5) Ridolfi: Le maraviglie dell’ arte ovvero la vita degli illustri Pittori Veneti.
Padova, 1837.
Adolfo Venturi:
Kaiser ihn unter seinen schützenden Mantel nehmen und ihn gegen
den unversöhnlichen Papst vertheidigen werde, und um diesen Zweck
zu erreichen, versprach er ihm Pferde zu übersenden, Gemälde zu ver-
schaffen und für ihn die schönsten Statuen aus der Sammlung seines
Vorgängers, des Herzogs Alfons II., auszuwählen. Und dass dies keine
leeren Versprechen waren, wird dadurch bewiesen, dass Lucilio Genti-
loni, ein Höfling der Este, im Januar des Jahres 1599 dem Kaiser im
Namen seines Herzoges verschiedene Gemälde überbrachte3). Leider
beschränkte sich sowohl die estensische Gesandtschaft am böhmischen
Hofe, wie der ausserordentliche Abgesandte darauf, ihrem Souverän die
hohe Genugthuung Rudolfs II. zu vermelden und geben keine Einzel-
heiten an, aus denen Gegenstand oder Autor der geschenkten Gemälde
ersichtlich wären. Von Spaccini erfahren wir nur — nach den Be-
richten Gampori’s4) — dass damals der Herzog Cäsar dem Kaiser
Rudolf Gemälde von Raphael und Tizian zum Geschenk übersandte,
und ferner, dass in jenem Jahre der Herzog kein Mittel unversucht
liess, um ein Gemälde wiederzuerlangen, welches die Geliebte des Tizian
darstellte und von diesem selbst im Jahre 1561 dem Herzog Alfonso II.
geschenkt worden war. Ridolfi5) erzählt, dass der Herzog Cäsar dem
Kaiser das vermeintliche Portrait der Lucrezia Borgia, das unter dem
Namen der »Moretta del Tiziano« bekannt ist, übersandte. Dieses
könnte wohl eines jener Gemälde sein, welche von Gentiloni dem Kaiser
überreicht wurden, und welche dieser durch den in seinen Diensten
stehenden Aegidius Sadeler in Kupfer stechen liess. Das Gemälde ging
in die Sammlung Christinens von Schweden über und befindet sich
jetzt in der Galerie zu Stockholm.
Im Jahre 1599 schickte sich der Gesandte Marc Antonio Rizzi
an, nach Italien zurückzukehren, aber ehe der Kaiser ihm seinen Ab-
schied bewilligte, gab er ihm ein Verzeichniss von Statuen mit, die
sich nach ihm zugegangenen Nachrichten, welche er vielleicht dem
Vicekanzler Coradusz verdankte, am Hofe zu Modena befinden sollten.
— Diese waren die antike Statue einer nackten weiblichen Figur, welche
ihre Schultern betrachtet, und eine andere von Gian Bologna, gleichfalls
nackt und von derselben Grösse wie die erstere.
»Memoria al Sigr Marcantonio Rictiö per servitio di sua Mta: Cesa: — Di
3) Staatsarchiv in Modena, Depeschen des estensischen Gesandten Marc An-
tonio Ricci, Prag den 6. April, 1. Juni 1598, 22. Febr. 1599. Garteggio des Lucilio
Gentiloni, Briefe an den Herzog vom 21. Dec. 1598, 11. Januar und 15. Febr. 1599.
4) Gampori: Tiziano e gli Estensi. (Nuova Antologia.) Firenze 1874.
5) Ridolfi: Le maraviglie dell’ arte ovvero la vita degli illustri Pittori Veneti.
Padova, 1837.