Der Meister des S. Abondio-Altares im Dom von Como.
Ueber den wohlbekannten grossen Schnitzaltar des S. Abondio, das
reichste Zierstück im Inneren der Cathedrale von Como, fehlen bislang
nähere kunstgeschichtliche Bestimmungen. Nur im Sinne vergleichender
Werthung ist er in Burckhardt’s „Cicerone“1) charakterisirt. Als sein Ent-
stehungsjahr gilt dort 1490, als sein Schöpfer „ein dein Rodari nahe
verwandter Meister“.
Die Datirung zunächst wird in dem soeben erschienenen Buch von
Dr. Santo Monti: „La Cattedrale di Como“,2) welches eine vortreffliche,
auf selbständiger Documentenforschung beruhende Baugeschichte des
Domes bietet, durch die fälschlich den Namen des Basilio Parravicino tra-
gende Chronik berichtigt, welche meldet: „L’anno 1514 fu fatta l’ancona di
S. Abondio.“3) An gleicher Stelle versucht der Verfasser auch eine stil-
kritische Fixirung. Er weist auf einen Schnitzaltar hin, welcher sich im
Veltlin in dem kleinen Ort Grosio in der Kirche S. Giorgio erhalten
hat und die Inschrift trägt: „1494 die 8 Martii Andreas Passeris de
Turno f. hoc opus.“ Auf Grund einer vermeintlich nahen Verwandtschaft
zwischen beiden Werken will Dr. Monti in diesem auch als Glasmaler
und Intagliator geschätzten Künstler den Schöpfer des S. Abondio-Altares
erkennen.4)
Der Altar in S. Giorgio zu Grosio — er befindet sich am Ende des
rechten Seitenschiffes — ist ein verhältnissmässig dürftiges Werk. Schon
seine gedrückte Gesammtform steht zu dein leichten, eleganten Aufbau
des S. Abondio-Altares im Gegensatz. Seine Decoration trägt den Charakter
reiner, oberitalienischer Frührenaissance. Als Krönungen dienen freilich
auch hier luftige „freie Endigungen“, Palmetten und Vasen, und der Greifen-
fries, sowie die durchbrochenen Ornamente zeigen mit dem Werk von
Como allgemeine Verwandtschaft, allein schon in ihr fehlen die dort so
]) Sechste Auflage. 1893. S. 418.
a) Periodico della Societä Storica Comense. vol. XI. Como. März 1897.
3) Vergl. Monti a. a. 0. S. 149 u. Periodico della Societä Storica Comense.
vol. III. S. 242.
4) Vergl. Monti a. a. 0. S. 148 f. Der dort abgedruckte Brief veranlasste
mich, die in ihm ausgesprochene Hypothese an Ort und Stelle nachzuprüfen.
Ueber den wohlbekannten grossen Schnitzaltar des S. Abondio, das
reichste Zierstück im Inneren der Cathedrale von Como, fehlen bislang
nähere kunstgeschichtliche Bestimmungen. Nur im Sinne vergleichender
Werthung ist er in Burckhardt’s „Cicerone“1) charakterisirt. Als sein Ent-
stehungsjahr gilt dort 1490, als sein Schöpfer „ein dein Rodari nahe
verwandter Meister“.
Die Datirung zunächst wird in dem soeben erschienenen Buch von
Dr. Santo Monti: „La Cattedrale di Como“,2) welches eine vortreffliche,
auf selbständiger Documentenforschung beruhende Baugeschichte des
Domes bietet, durch die fälschlich den Namen des Basilio Parravicino tra-
gende Chronik berichtigt, welche meldet: „L’anno 1514 fu fatta l’ancona di
S. Abondio.“3) An gleicher Stelle versucht der Verfasser auch eine stil-
kritische Fixirung. Er weist auf einen Schnitzaltar hin, welcher sich im
Veltlin in dem kleinen Ort Grosio in der Kirche S. Giorgio erhalten
hat und die Inschrift trägt: „1494 die 8 Martii Andreas Passeris de
Turno f. hoc opus.“ Auf Grund einer vermeintlich nahen Verwandtschaft
zwischen beiden Werken will Dr. Monti in diesem auch als Glasmaler
und Intagliator geschätzten Künstler den Schöpfer des S. Abondio-Altares
erkennen.4)
Der Altar in S. Giorgio zu Grosio — er befindet sich am Ende des
rechten Seitenschiffes — ist ein verhältnissmässig dürftiges Werk. Schon
seine gedrückte Gesammtform steht zu dein leichten, eleganten Aufbau
des S. Abondio-Altares im Gegensatz. Seine Decoration trägt den Charakter
reiner, oberitalienischer Frührenaissance. Als Krönungen dienen freilich
auch hier luftige „freie Endigungen“, Palmetten und Vasen, und der Greifen-
fries, sowie die durchbrochenen Ornamente zeigen mit dem Werk von
Como allgemeine Verwandtschaft, allein schon in ihr fehlen die dort so
]) Sechste Auflage. 1893. S. 418.
a) Periodico della Societä Storica Comense. vol. XI. Como. März 1897.
3) Vergl. Monti a. a. 0. S. 149 u. Periodico della Societä Storica Comense.
vol. III. S. 242.
4) Vergl. Monti a. a. 0. S. 148 f. Der dort abgedruckte Brief veranlasste
mich, die in ihm ausgesprochene Hypothese an Ort und Stelle nachzuprüfen.