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Repertorium für Kunstwissenschaft — 20.1897

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Davidsohn, Robert: Die Heimath Giotto's
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https://doi.org/10.11588/diglit.68267#0386

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Die Heimath Giotto’s.

Vor einiger Zeit beabsichtigte man in Vicchio im Mugello dem Künstler,
der der italienischen Malerei neue Bahnen gewiesen und ihr eine neue Seele
gegeben, ein Denkmal zu errichten. Denn wie man weiss, liebt es nicht
nur jede Landschaft Italien’s, sondern jeder Theil eines Gebietes, jede Ort-
schaft eines jeden Gebietstheiles, sich in dem Glanz zu sonnen, der von
dem Scheitel eines Unsterblichen strahlt; alte Tradition aber besagte
(Vasari hat sie, nach seiner Art mit Anekdoten verbrämt, auf gezeichnet),
dass Giotto di Bondone aus dem Mugello stamme. Es trat ein Comite zu-
sammen, dessen Vorsitz der Dichter Giosue Carducci übernahm, und Alles
wäre nach Sitte und Brauch verlaufen, hätte sich nicht plötzlich an
einigen Stellen in Florenz localpatriotischer Eifer geregt; denn wenn auch
das Mugellothal zur Florentiner Landschaft gehört, — man beanspruchte
den ruhmreichen Künstler ganz und ungetheilt; in der Stadt selbst sollte
er geboren sein. In der Zeitschrift „Arte e Storia“ wurde zuerst Einspruch
gegen Vicchio als Ort des Monuments erhoben; dann veröffentlichte Jodoco
del Badia, einer der verdienten Florentiner Staatsarchivare, dem manche
localgeschichtliche Forschung zu danken ist, drei Artikel in der Zeitung
„Nazione“, die er auch unter dem Titel „La patria e la casa di Dante“
als Sonderabdruck erscheinen liess und die den urkundlichen Nachweis
dafür enthalten sollten, dass der Künstler im Kirchspiel Sa. Maria Novella
geboren sei. In den Kreisen, die sich in den kleinen Orten des Mugello
für die Angelegenheit interessirten, entstand natürlich eine lebhafte
Empörung, da man dem Mugello den ererbten Ruhm rauben und ihm nur
den viel geringeren lassen wollte, dass der Sohn des Bondone dort Land-
besitz gehabt, dass Söhne und Töchter von ihm in und bei Vespignano
gelebt hätten. Das Wochenblättchen der Gegend, der „Messagero del
Mugello“, veröffentlichte nicht nur fulminante Artikel von Giuseppe Baccini
zur Abwehr, sondern dieser in der ganzen Angelegenheit sehr rührige Herr
liess seinen Erörterungen auch, als in der That sehr triftige Beweisstücke,
regelrechte Regesten folgen, welche die Beziehungen des Giotto und seiner
Familie zum Mugello betrafen. Darüber sind nun fast vier Jahre ver-
gangen; jener Einspruch, obwohl schwach begründet, scheint die Folge
 
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