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Repertorium für Kunstwissenschaft — 20.1897

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Joseph, David: Die Fresken der Leugemeete in Gent
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https://doi.org/10.11588/diglit.68267#0306

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294

D. Joseph:

Messager des Sciences liistoriques, fand erst nach der De Vigne’schen
Publication wenige reservirte Worte, die sich auf einige Linien be-
schränkten. Der Stadtrath selbst, dem das Werk gewidmet war, begnügte
sich, formell dankend, die Widmung anzunehmen. Was war geschehen,
dass ein um seine Vaterstadt auch ohnedies hochverdienter Künstler so
kühl behandelt wurde, wo es sich um die Entdeckung eines einzig in
seiner Art sein sollenden Gemäldes handelte. Thatsache war, dass der
Stadtrath unter dem Einfluss der wissenschaftlichen Kritiker stand, ja,
man beschuldigte sogar De Vigne, die Zeichnungen selbst componirt zu
haben. Diese Anschuldigung wusste zwar De Vigne durch eine Commis-
sion, welche aus sechs Sachverständigen bestand, zu zertreuen, die zwar
nicht die Authenticität feststellten, sondern nur einfach durch ihre Unter-
schrift erklärten, die Gemälde in Augenschein genommen zu haben.
Andere Sachverständige waren überhaupt nicht der Einladung gefolgt, da
sie sich jeder Verantwortung entziehen wollten.
Unter den Unterzeichnern des eben genannten Attestes vom 10. März
1846 befand sich auch ein Archäologe von zweifelhaftem Werth, Namens
Moke; er glaubte an die Authenticität der Malereien, die er übrigens falsch
erklärt hatte und brach für dieselben eine litterarische Lanze und seit-
dem finden wir die Authenticität von vielen Seiten anerkannt. Edmont
De Busscher weiht ihnen einen Artikel in den Bulletins de l’Academie
royale de Belgique, 2e S., XII., Jules Huytens in seinen Recherches sur
les corporations gantoises, Jules Quicherat in seiner Histoire du Costume
en Erance, Minard-Van-Hoorebeke in seiner Description des mereaux et
autres objets des gildes et corps de metiers de Gand, Delpech in seiner
Tactique militaire au XHIe siede. Dass sich hierbei alle auf das Werk
De Vigne’s stützten, ist so gut wie selbstverständlich. Die vorgefasste
Meinung erhielt nochmals Nahrung, namentlich in Deutschland, als sich
auch mein verehrter College A. J. Wauters von der Brüsseler Kunst-
Academie für die Authenticität der Leugemeete aussprach. Nachdem
Wauters in seiner „Vlämischen Malerei“ als die ältesten Gemälde vlämi-
schen Geistes diejenigen in der alten Capelle im Hospital de la Biloque
zu Gent genannt hat, fährt er (s. die Uebersetzung von Ludwig Neustadt
p. 18) fort:
Ein bemerkenswerther Fortschritt zeigt sich in einer anderen Freske,
die ebenfalls in Gent in einem Gebäude entdeckt wurde, das früher als
Versammlungsort für die Gewerke diente. Die Costüme, die Waffen und
die Feldzeichen verlegen das Datum ihrer Ausführung in die letzten Jahre
des 13. oder die ersten des 14. Jahrhunderts. Diese Bilder zeigen die
Brüderschaften der Armbrustschützen von St. Georg und der Bogenschützen
von St. Sebastian, die Corporationen der Gewerke der Metzger, Fischer,
Bäcker, Brauer und Tuchscheerer, wie sie, ihre Banner voran, in der
Reihenfolge marschieren, die sie angenommen hatten, wenn sie zu einem
Feldzuge ausrückten oder sich an einer öffentlichen Ceremonie betheiligten.
Diese Fresken, kostbare Documente für die Costümkunde und die
 
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