TORCELLO
§ 1. Sieben englische Meilen nördlich von Venedig nehmen
die Sandbänke, welche in der Nähe der Stadt sich wenig
über die Niederwassermarke erheben, stufenweise eine
größere Bodenhöhe an und verbinden sich schließlich zu
Feldern von Salzmorast, die hier und da zu formlosen Erd-
hügeln ansteigen und von schmalen Seebuchten durch-
schnitten sind. Eine der schwächsten dieser kleinen Buchten
bleibt, nachdem sie sich einige Zeit zwischen vergrabenen
Trümmern von Mauerwerk und Büscheln von sonnver-
branntem und weißlichem Seetang entlang geschlängelt
hat, in einem gänzlich stagnierenden Pfuhl stecken, neben
einem Fleckchen grüneren Grases, das von Gundelrebe
und Veilchen bedeckt ist. Auf diesem Hügel ist ein roher
Backstein-Campanile erbaut, vom gewöhnlichsten lombar-
dischen Typus, von dem aus wir, wenn wir ihn gegen Abend
besteigen (und es ist niemand da, der uns daran verhindern
kann, da die Tür der baufälligen Treppe müßig in ihren
Angeln schaukelt), die Aussicht auf eines der merkwürdigsten
Landschaftsbilder unserer weiten Welt genießen können.
So weit das Auge reicht, erstreckt sich eine Wüste wilden
Seemoors, von geisterhaftem Aschgrau; nicht wie unsere
nordischen Moore mit ihren pechschwarzen Lachen und
purpurnem Heidekraut, sondern leblos, von der Farbe von
Sackleinen, das faulige Seewasser durch die Wurzeln seines
scharfen Unkrauts dringend und hier und da durch seine
schleichenden Kanäle glimmernd. Darüber nichts von
phantastischen Nebelgebilden oder dahinjagenden Wolken-
§ 1. Sieben englische Meilen nördlich von Venedig nehmen
die Sandbänke, welche in der Nähe der Stadt sich wenig
über die Niederwassermarke erheben, stufenweise eine
größere Bodenhöhe an und verbinden sich schließlich zu
Feldern von Salzmorast, die hier und da zu formlosen Erd-
hügeln ansteigen und von schmalen Seebuchten durch-
schnitten sind. Eine der schwächsten dieser kleinen Buchten
bleibt, nachdem sie sich einige Zeit zwischen vergrabenen
Trümmern von Mauerwerk und Büscheln von sonnver-
branntem und weißlichem Seetang entlang geschlängelt
hat, in einem gänzlich stagnierenden Pfuhl stecken, neben
einem Fleckchen grüneren Grases, das von Gundelrebe
und Veilchen bedeckt ist. Auf diesem Hügel ist ein roher
Backstein-Campanile erbaut, vom gewöhnlichsten lombar-
dischen Typus, von dem aus wir, wenn wir ihn gegen Abend
besteigen (und es ist niemand da, der uns daran verhindern
kann, da die Tür der baufälligen Treppe müßig in ihren
Angeln schaukelt), die Aussicht auf eines der merkwürdigsten
Landschaftsbilder unserer weiten Welt genießen können.
So weit das Auge reicht, erstreckt sich eine Wüste wilden
Seemoors, von geisterhaftem Aschgrau; nicht wie unsere
nordischen Moore mit ihren pechschwarzen Lachen und
purpurnem Heidekraut, sondern leblos, von der Farbe von
Sackleinen, das faulige Seewasser durch die Wurzeln seines
scharfen Unkrauts dringend und hier und da durch seine
schleichenden Kanäle glimmernd. Darüber nichts von
phantastischen Nebelgebilden oder dahinjagenden Wolken-