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von Gott; und ich zweifle keinen Augenblick, dass die
Hälfte der armen und unwissenden Christen, die heutiges-
tags vor Kruzifixen, Bambinos und Heiligenbildern auf
den Knien liegen, günstigere Aufnahme bei Gott finden
werden, als viele Protestanten, die nur mit ihren eigenen
Ansichten oder ihren eigenen Interessen Abgötterei treiben.
' Ich glaube, dass die, welche die Dornen aus Christi Dornen-
krone angebetet haben, schließlich für heiliger und weiser
befunden werden, als diejenigen, welche die Dornen des
Weltdienstes anbeten, und dass es eine geringere Sünde
ist, die Nägel des Kreuzes anzubeten, als den Hammer des
Arbeiters.

Aber wenn auch die Abgötterei der niederen Klassen in
der römischen Kirche häufig entschuldbar sein mag, so ist
dies mit den gewöhnlichen Ausflüchten, durch welche sie
verteidigt wird, nicht der Fall. Sie kann beschönigt, aber
nicht abgeleugnet werden; und die einem Bilde beigelegte
Macht,* worin die Abgötterei besteht, ist nicht nur eine
Form volkstümlichen Gefühls, sondern ein Lehrsatz priester-
licher Unterweisung, und kann immer wieder aus jedem
römisch-katholischen Gebetbuch bewiesen werden. Man neh-
me nur z. B. das folgende Gebet, das beständig am Schlüsse
des Gottesdienstes der Kreuzeserhöhung vorkommt:

,Saincte vraye Croye aouree,
Qui du corps Dieu fu aournee,
Et de sa sueur arrousee,
Et de son sanc enluminee,
Par ta vertu, par ta puissance,
Defent mon corps de meschance,
Et montroie moy par ton playsir
Que vray confes puisse mourir'.

„O, heiliges, wahres und goldenes Kreuz, das geschmückt
war mit Gottes Körper und benetzt mit Seinem Schweiß,
und erleuchtet durch Sein Blut, durch deine heilende Kraft
und deine Macht behüte meinen Körper vor Unfall; und lass

* Ich höre es nicht gern, wenn Protestanten mit unfeiner und liebloser Nicht-
achtung sogar von der Reliquienverehrung reden. Elisa vertraute einst zu sehr
auf seinen eigenen Stab; auch sehe ich keinen vernünftigen Grund ein für
den Spott oder unfreundlichen Vorwurf von jenen, die von Jugend auf belehrt
wurden, dass es mitunter besser sein mag, selbst auf den Saum des Gewandes
seine Hoffnung zu setzen, als sein .Vermögen an Ärzte zu verschwenden.
 
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