DRITTES BUCH ■ 1586-1625
Aufsätzen; in Dresden besitzt der Matematische Salon unter C 83 eine solche
besonders sorgfältig gearbeitete Uhr, die mit Ca. Bv. bezeichnet ist232).
-* *
*
Das Waffe n wes en beginnt in dieser Zeit bereits an Bedeutung und Reiz
zu verlieren und in öde übertriebne Pracht auszuarten. Die Kinderharnische,
welche unter dem Administrator für die Söhne Christian I angefertigt wurden,
bilden noch den letzten Ausklang der guten alten Zeit. Der Prunkharnisch, den
Christian II beim Beginn seiner Regirung erwarb <Verz. Nr. 656, Abb. Taf. 64),
zeigt mit seinen ausgeschnittnen und aufgehefteten vergoldeten Verzierungen
schon den Beginn des Barock als des Gegensatzes des Großen und Gesetz-
mäßigen an. In dieser Zeit, wo Suhl am Südabhang des Tiiringer Waldes den
Mittelpunkt der Gewehrfabrikation bildete, änderte sich die Form der Pistolen
dahin daß um 1600 der Knauf statt kugelförmig eiförmig gebildet wurde und
zehn Jahre später birnförmig, wobei die Rohre wesentlich verlängert wurden
<v. Ehrenthal). Die Waffen sanken zu bloßen Zierden herab, die mit Edelsteinen
und Email geschmückt wurden wie sonstige Kunstgegenstände/ das zeigen die
Schwertgarnituren mit Türkisen, Rubinen, sogar Diamanten, Kristallen, Gemmen
und Perlen <Abb. Taf. 78). Die 1610 in Prag bestellte Garnitur <Verz. Nr. 684)
bildet dabei den Höhepunkt der Sinnwidrigkeit und des leeren Scheins,- bemer-
kenswert ist daß mit dem Aufstieg Ungarns auch die Form der dortigen Waffen
Nachahmung zu finden begann. Ebensowenig war solche Verschwendung bei
den an sich sehrschönenWaidbestecken <Verz. Nr. 692) und Hundehalsbändern
am Platz.
Abgesehen von seinem Gebrauchswert macht sich der Prunkharnisch für
Mann und Roß als ein in jeder Hinsicht vollendetes und in seiner Art allein-
stehendes Kunstwerk bemerklich, den Christian 1606 von Heinrich Knopf in
Nürnberg für einen ungeheuren Preis erkaufte <Textabb. 39 und Taf. 77). Schon
zwei Jahre vorher hatte er einen ähnlichen halben Harnisch von demselben Meister
für seinen Bruder Johann Georg zu dessen erster Hochzeit erworben <Verz.
Nr. 669). Seit dem 18 Jahrhundert hatte man Desiderius Colman in Augsburg
für den Verfertiger gehalten,- auch Knopf hat man dann lange als bloßen Händler
angesehen, bis sich herausstellte daß er, der um 1560 in Münster i. W. als Sohn
des dortigen Münzmeisters geboren war und 1630 in Frankfurt a. M. starb, sich
seit 1599 in Nürnberg als Goldschmied ansässig gemacht hatte, so daß die reiche
und geschmackvolle Arbeit des Treibens, Punzens, Ätzens, Tauschirens und
358
Aufsätzen; in Dresden besitzt der Matematische Salon unter C 83 eine solche
besonders sorgfältig gearbeitete Uhr, die mit Ca. Bv. bezeichnet ist232).
-* *
*
Das Waffe n wes en beginnt in dieser Zeit bereits an Bedeutung und Reiz
zu verlieren und in öde übertriebne Pracht auszuarten. Die Kinderharnische,
welche unter dem Administrator für die Söhne Christian I angefertigt wurden,
bilden noch den letzten Ausklang der guten alten Zeit. Der Prunkharnisch, den
Christian II beim Beginn seiner Regirung erwarb <Verz. Nr. 656, Abb. Taf. 64),
zeigt mit seinen ausgeschnittnen und aufgehefteten vergoldeten Verzierungen
schon den Beginn des Barock als des Gegensatzes des Großen und Gesetz-
mäßigen an. In dieser Zeit, wo Suhl am Südabhang des Tiiringer Waldes den
Mittelpunkt der Gewehrfabrikation bildete, änderte sich die Form der Pistolen
dahin daß um 1600 der Knauf statt kugelförmig eiförmig gebildet wurde und
zehn Jahre später birnförmig, wobei die Rohre wesentlich verlängert wurden
<v. Ehrenthal). Die Waffen sanken zu bloßen Zierden herab, die mit Edelsteinen
und Email geschmückt wurden wie sonstige Kunstgegenstände/ das zeigen die
Schwertgarnituren mit Türkisen, Rubinen, sogar Diamanten, Kristallen, Gemmen
und Perlen <Abb. Taf. 78). Die 1610 in Prag bestellte Garnitur <Verz. Nr. 684)
bildet dabei den Höhepunkt der Sinnwidrigkeit und des leeren Scheins,- bemer-
kenswert ist daß mit dem Aufstieg Ungarns auch die Form der dortigen Waffen
Nachahmung zu finden begann. Ebensowenig war solche Verschwendung bei
den an sich sehrschönenWaidbestecken <Verz. Nr. 692) und Hundehalsbändern
am Platz.
Abgesehen von seinem Gebrauchswert macht sich der Prunkharnisch für
Mann und Roß als ein in jeder Hinsicht vollendetes und in seiner Art allein-
stehendes Kunstwerk bemerklich, den Christian 1606 von Heinrich Knopf in
Nürnberg für einen ungeheuren Preis erkaufte <Textabb. 39 und Taf. 77). Schon
zwei Jahre vorher hatte er einen ähnlichen halben Harnisch von demselben Meister
für seinen Bruder Johann Georg zu dessen erster Hochzeit erworben <Verz.
Nr. 669). Seit dem 18 Jahrhundert hatte man Desiderius Colman in Augsburg
für den Verfertiger gehalten,- auch Knopf hat man dann lange als bloßen Händler
angesehen, bis sich herausstellte daß er, der um 1560 in Münster i. W. als Sohn
des dortigen Münzmeisters geboren war und 1630 in Frankfurt a. M. starb, sich
seit 1599 in Nürnberg als Goldschmied ansässig gemacht hatte, so daß die reiche
und geschmackvolle Arbeit des Treibens, Punzens, Ätzens, Tauschirens und
358