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— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0119
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Bildwerke der Prunkfacade.

345

Sehr auffallend sind drei fast faustgroße Löcher in der Bildfläche dieses Steins, die
vermutlich — wie große Löcher in einem Käse — auf Luftblasen in dem ursprünglich
flüssigen Dolerit zurückzuführen sind. Da der Stein sonst sehr kompakt und nur am rechten
Rande etwas porös ist, hat der Steinmetz ihn nicht verworfen, sondern sich anscheinend
durch Ausfüllung der großen Löcher geholfen; jedenfalls findet sich noch heute in einem der
Löcher ein großes Stück Dolerit eingekeilt nnd wir werden uns wohl auch die anderen aus-
gefüllt und mit irgendeiner Kalk- oder Zementschichte verputzt zu denken haben.
Auf derselben Tafel (LIX) ist rechts ein Stein abgebildet mit zwei nach links ge-
wandten bartlosen Männern. Der vordere hat die bereits mehrfach erwähnte, schwer zu
deutende Kopfbedeckung, der hintere nur ein Stirnband. Beide haben in der Nackengegend
hinter dem Ohre zwei Reihen von je drei Locken; beide halten glatte drehrunde Stäbe ohne
Krücke oder dergleichen in der Linken.
Der hier auf S. 343 Fig. 254 abgebildete Stein zeigt einen nach rechts gewandten
bartlosen Mann mit ungewöhnlich sorgfältig behandeltem Gesicht. Auffallend sind besonders die
weit offenen, großen Augen, die sehr stark geschwungenen Brauenbogen und die ganz orthog-
nathe Bildung, während auf mehreren dieser Steine, besonders auf dem Tafel LIX links ab-
gebildeten, starke Prognathie bemerkbai’ ist; ich wage aber nicht zu entscheiden, ob es sich
hier um bewußte Versuche porträtmäßiger Darstellungen handelt, oder nur um das Bestreben,
etwas Abwechslung in das ermüdende Einerlei dieser Figuren zu bringen. Auf jeder Seite
dürften etwa 22 oder 23 Figuren dargestellt gewesen sein, im ganzen also 44 oder 46. Bis-
her sind mir ganz oder in Bruchstücken nur 23 dieser Männchen bekannt geworden, davon
14 nach rechts, 9 nach links schreitende. Von ihnen sind 7 oder 8 nach Konstantinopel
gelangt, 3 nach Berlin, die Bruchstücke der anderen liegen noch in Sendschirli deponiert,
soweit sie nicht bei der S. 238 erwähnten Zerstörung unseres Lagers verschwunden sind.
Wie bereits S. 241 ff. erwähnt, ist ein Teil dieser Orthostaten schon sehr früh, wohl von
den Werkleuten Asarhaddons abgespitzt und nach der Höhe des Hügels verschleppt worden;
ein zu zwei Drittel abgespitzter Stein, vgl. Abb. 150 ist noch in situ geblieben, weil er sich
als gesprungen erwies; auch ein anderer Orthostat derselben Reihe, der gleichfalls einst drei
Figuren gehabt hatte, ist in unmittelbarer Nähe des Hilani III gefunden, aber mit fast voll-
ständiger Abspitzung des Reliefs, so daß sich gerade eben nur noch erkennen läßt, daß die
drei Figuren nach links gewandt gewesen waren.
Die Höhe aller dieser Orthostaten schwankt zwischen 78 und 80 cm, ihre Dübellöcher
sind quadratisch und auffallend groß, 5 X 5 cm und 7 cm tief, so daß die hierher gehörigen
Steine leicht unterzubringen sind, auch wenn sie sehr weit verschleppt oder ganz abgespitzt
worden waren.
Die flüchtige und schematische Behandlung dieser Orthostaten steht in auffallendem
Gegensatz zu der Sorgfalt und Kunst, über die wir uns an den Doppelsphinx-Basen und an
den großen Torlöwen aus dem selben Hilani erfreuen. Ich möchte trotzdem nicht annehmen,
daß die einen oder die anderen hier etwa aus älteren Gebäuden sekundär verbaut sind. Ich
halte es für wahrscheinlicher, daß alle diese Bildwerke gleichaltrig sind, daß aber die kleinen
Orthostaten von geringeren Künstlern stammen. Vermutlich waren sie alle ja noch bunt
bemalt und gewannen dadurch an ästhetischer Wirkung.
D. BILDWERKE DER PRUNKE AQADE.
1. Orthostat mit dem thronenden Barrekub.
Wahrscheinlich schon sehr bald nach der Fertigstellung von Hilani III hat Barrekub
den Beschluß gefaßt, diesen seinen Palast durch eine prunkvolle Halle mit dem alten Hilani II
 
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