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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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I. und II. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Malen, Gemälde und Gemäldekunde, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0015

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daß einzelne Beispieie zu geben nicht nötig ist. An ein aites Leinwandbiid
von Lodovico Angeh aus dem Jahre 1488 im Dom zu Perugia sei erinnert
(nach A. Lupatehi: La pinacoteca di Perugia, 1909, S. 26, und im Ver-
zeichnis). Ob Dürers „Tuche!", sie wurden oben erwähnt, auf veneziani-
sche Anregungen zurückgehen oder mit dem Leinwandgebrauch in Deutsch-
land Zusammenhängen, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Die Wahr-
scheinlichkeit spricht immerhin für den Einfluß Venedigs, das doch dem
jungen, farbenfrohen Nürnberger Künstler so tiefe Eindrücke gebracht hat*)
Ein häufiger Gebrauch von Malleinwand ist in Deutschland erst in nach-
Dürerscher Zeit zu beobachten.
ln Venedig verhilft Tizian dem Leinwandgebrauch zum vollen
Durchbruch. Die Probe einer Tizianschen Malleinwand aus der mittleren
Zeit des langlebigen Meisters war in Bd. 1 der Studien und Skizzen abge-
bildet (S. 178, nebstbei bemerkt in doppelter Breite, um deutlicher zu sein).
Die ganze Reihe der Tizianesken, dann Paolo Veronese und seine Gruppe,


Fig. 2. Leinwandprobe von einem venezianischen Biide (vermutiich von einem frühen
Tiepoio) in der Sammlung Osmitz zu Preßburg. (Doppeite Größe.)

Tintoretto und dessen Schüler malten alle auf Leinwand. Das große Lein-
wandbild als Deckenschmuck und als Wandverkleidung ist besonders in
Venedig und im Venezianischen zu Hause^ wo das Fresko, nachdem die
mittelalterliche Überlieferung erloschen war, jahrhundertelang nur nebenher
lief, bis es durch Tiepoio in großartiger Weise wieder kräftigst belebt wurde.
Tiepoio beherrschte übrigens auch die Ölmalerei auf Leinwand meisterlich.
Die Leinwand eines Bildes aus der Frühzeit des Tiepoio wird anbei in
doppelter Größe abgebildet. Das Gemälde befindet sich bei G. v. Osmitz
in Preßburg.
ln der Blütezeit der venezianischen Malerei kommen statt der schlichten
Leinwand von rechtwinkliger Fadenkreuzung vielfach auch geköperte
Gewebe (Zwilliche, Zwilche, Drilliche, Drille; nicht zu verwechseln mit
der doppelfadigen, rechtwinklig angeordneten „römischen" Leinwand) vor,
Leinwänden mit schiefer Anordnung des Fadenkorns. Geköperter Stoff
kommt schon vor bei Vittore Carpaccio als Malgrund des Markuslöwen
von 1516 im Dogenpalast. Das große Kreuzigungsbild des Donato Vene-
*) In meinem „Handbuch der Gemäldekunde", 2. Auflage, S 15, wird auf den
Zusammenhang mit Venedig hingewiesen.
 
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