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Zwanzigstes Kapitel

Seeabenteuer Kandidens und Martins

^TTxer alte Gelehrte, der Martin hieß, schiffte stch also mit Kandide nach Bordeaux ein.
Beide hatten viel gesehen, viel erlitten, und wäre das Schiff von Surinam aus
über das Vorgebirge der Guten Hoffnung nach Japan gegangen, so würde es ihnen doch
nicht an Stoff gefehlt haben, stch die ganze Reise hindurch mit dem phystschen und mora-
lischen Übel zu unterhalten.
Indes hatte Kandide einen großen Vorteil über Martin, er hoffte noch immer Baroneß
Gundchen wiederzusehen, und Martin hatte gar keine Hoffnung mehr; überdies besaß
jener Gold und Diamanten, und ob er gleich hundert dicke rote Hammel mit den größten
Schähen der Erde beladen verloren hatte, ob ihm des holländischen Schiffpatrons Prellerei
noch ins Herz schnitt, so schwankte er dennoch, wenn er an den Inhalt seiner Taschen
dachte oder von seinem Gundchen sprach und zumal, wenn er die Gläser klingen hörte,
nach Panglosens System hin.
„Aber was denken Sie von alledem, lieber Martin?" sagte er. „Was halten Sie vom
phystschen und moralischen Übel?"
Martin: „Lieber Kandide, die Pastoren dort klagten mich als einen Sozinianer an,
aber die rechte Wahrheit zu sagen, ich bin ein Manichäer."
Kandide: „Haben Sie mich nicht zum besten. Es gibt ja keine Manichäer mehr in
der Welt."

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